Farbflecken auf Leder: Die Tücken der ­Dokumentenechtheit

In einem repräsentativen Eingangsbereich wiesen Sitzelemente aus Glattleder starke blaue Flecken auf. Es sollte geprüft werden, ob sich diese mit Reinigungsmaßnahmen beseitigen lassen. Leider war der Schaden irreparabel.

Das Schadensbild: Flecken aus dokumentenechter Stempelfarbe auf Glattleder. - © Sascha Hintze

Wie so häufig, war es auch in diesem Fall bedauerlicherweise nicht zu ermitteln, wer der Verursacher des Schadens war, jedoch waren die Spuren des Übeltäters nicht zu übersehen: Leder wurde durch Stempelfarbe – wie sich herausstellen sollte, war diese dokumentenecht – ­eingefärbt.

Hintergrund: Dokumentenstempelfarbe

Zum Verständnis: Auf Dokumenten aufgebrachte Stempel müssen verschiedene Kriterien erfüllen. ­Dazu zählt, dass die Stempelfarbe sich nur schwer beseitigen lässt – und wenn, dann nur mit bleibenden Schäden. Sie muss lichtecht, wasserfest und resistent gegen eine Vielzahl von chemischen Sub­stanzen sein. Dokumentenstempelfarbe oder auch Pigmentstempelfarbe wird aus speziellen Pigmenten hergestellt und enthält zudem verschiedene Lösungsmittel. Zum Teil verfügt Dokumentenstempelfarbe über zusätzliche Sicherheitsmerkmale, die Stempel fälschungssicher machen sollen. Ein weiteres Krite­rium der ­Dokumentenstempelfarbe ist die Eigenschaft, möglichst schnell einzuziehen und so das Entfernen zu verhindern.

Was für das Stempeln von entscheidendem Vorteil ist, wird für in Mitleidenschaft gezogene Nebenflächen von entscheidendem Nachteil, vor allem dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Stempelfarbe auf Werkstoffe gelangt, die eingefärbt werden können.

Mehrere Maẞnahmen scheitern

Da sich der Schaden in einem repräsentativen Eingangsbereich ereignete, war dem Objektbetreiber sehr daran gelegen, dass die auffällige blaue Stempelfarbe entfernt wird. Aufgrund eines Haftungsausschlusses konnte die Bearbeitung des Schadens wie folgt durchgeführt werden:

  • Prüfung der Flecken auf Wasserlöslichkeit mit einem Mikrofasertextil;
  • Prüfung der Flecken auf Löslichkeit mit einem Schreibtischreiniger unter Anwendung von Techniken, wie sie von der Detachur bekannt sind, also drehende Tupfbewegungen, um zu verhindern, dass die Flecken beim Reiben größer werden.

Da diese Maßnahmen keinerlei Wirkung zeigten, schloss der Sachverständige, dass es sich hierbei wie vermutet um dokumentenechte Stempelfarbe ­handelte. Daraufhin wurden zwei weitere Bearbeitungsmöglichkeiten getestet:

  • Einsatz eines Sauerstoffabspalters, in der Hoffnung, dass hierdurch die Farbstruktur der Pigmente zerstört wird;
  • Einsatz eines Abbeizers/Graffitientferners.

Lediglich die letzte Methode führte dazu, dass Farb­pigmente, die sich auf der Oberfläche des Leders befanden, entfernt werden konnten. Diese Farbpigmente waren bereits vollständig durchgetrocknet, befanden sich allerdings nur dort, weil die darunterliegende Lederfläche bereits vollständig gesättigt war. Somit war eine vollständige Entfernung der Stempelfarbe nicht mehr möglich.

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    Blasser, aber nicht zu beseitigen: Lediglich Farbpig­mente, die sich auf der Oberfläche ­befunden haben, konnten ­entfernt werden.
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    © Sascha Hintze
    Das Schadensbild: Flecken aus dokumentenechter Stempelfarbe auf Glattleder.

Die vom Sachverständigen in dieser Rubrik immer wieder empfohlene und meist hilfreiche Erhöhung der Einwirkzeit wurde hier aufgrund des organischen Materials verworfen. Der hier beschriebene Schaden war somit irreparabel.

Sascha Hintze | markus.targiel@holzmann-medien.de

Tipp vom Gutachter: "Immer den Objektbetreiber ­ informieren"

Sascha Hintze - © Sascha Hintze

Sascha Hintze, Gebäudereinigermeister, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger: "Wenn in Objekten solche oder ähnliche Flecken anzutreffen sind, sollte man immer eine Schadensmeldung erstellen und den Objektbetreiber informieren.

Wenn der Fleck nicht eindeutig zugeordnet werden kann, empfehle ich, den Ansprechpartner im Objekt hinzuzuziehen, bevor Reinigungsmittel zum Einsatz kommen, um am Ende nicht für einen weiteren Schaden zu haften.

Grundsätzlich wird an diesem Beispiel sehr gut deutlich, dass viele Schäden vermieden werden können, wenn die umliegenden Flächen geschützt werden."