Die Gefährdungsbeurteilung ist ein zentrales Instrument, um Arbeitsunfälle zu vermeiden. Auch im Reinigungsgewerbe ist sie vorgeschrieben – und mit digitaler Unterstützung recht einfach zu erstellen.

Vorsorgen ist besser als heilen. Diesen Grundsatz können wohl alle unterschreiben. Dem Rechnung tragend legt das Arbeitsschutzgesetz von 1996 fest, dass "Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern" sind (§ 1 ArbSchG). Zu diesen Maßnahmen gehört auch die "Beurteilung der Arbeitsbedingungen" durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber (§ 5 ArbSchG). Diese Beurteilung ist zu dokumentieren und fortzuschreiben. Hinter den Vorgaben steht die grundsätzliche Idee von Vorsorge beziehungsweise Prävention: Gefährdungen für die Gesundheit der Beschäftigten frühzeitig erkennen und durch geeignete Maßnahmen verhindern, dass diese eintreten. Kurz gesagt: Unternehmerinnen und Unternehmer sind verpflichtet, für sichere Arbeitsplätze zu sorgen.
Die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung (GB) ist also gesetzlich vorgeschrieben. Dabei kann man sich aber von fachkundigen Personen unterstützen lassen. Mögliche Ansprechpartner sind beispielsweise Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifa) sowie Betriebsärzte. Die Unternehmerinnen oder Unternehmer können geeignete Personen auch damit beauftragen, die Gefährdungsbeurteilung für sie zu übernehmen. Es bleibt aber ihre Aufgabe zu kontrollieren, dass dies auch wirklich geschieht.
Was muss nun alles in die Gefährdungsbeurteilung – speziell für das Reinigungsgewerbe – hinein? Leiten lassen kann man sich hier ganz einfach von der Frage: Welche Gefährdungen können bei einer bestimmten Tätigkeit bei Reinigungsarbeiten auftreten? Das Arbeitsschutzgesetz sieht vor, dass gewisse Bereiche bei der Suche nach Gefährdungen immer zu berücksichtigen sind. Demnach ist zu prüfen:
- Wie ist ein Arbeitsplatz gestaltet?
- Welche Arbeitsmittel und -stoffe werden genutzt?
- Wie laufen Arbeits- und Fertigungsprozesse ab?
- Welche Qualifikationen und individuellen Voraussetzungen weisen die Beschäftigten auf?
- Welche Anweisungen erhalten die Beschäftigten?
- Liegen psychische Belastungen bei der Arbeit vor?
Eine Gefährdungsbeurteilung erfolgt am besten in mehreren Schritten. Wichtig ist dabei, dass deren Erstellung keine losgelöste theoretische Aufgabe ist, sondern sich daraus konkrete reale Schutzmaßnahmen ergeben. Außerdem ist es vorgeschrieben, die Beurteilung und ihre Ergebnisse schriftlich zu dokumentieren. Weiterhin ist festgelegt, dass die Gefährdungsbeurteilung vor Beginn einer Tätigkeit zu erstellen ist – und zwar für alle Arbeitsplätze in einem Unternehmen. Arbeitsplätze mit gleichartigen Bedingungen lassen sich gemeinsam beurteilen. Die Aktualisierung einer bereits erstellten Gefährdungsbeurteilung ist vorgeschrieben, wenn:
- neue Arbeitsmittel oder -materialien beschafft werden,
- Arbeitsabläufe, Verkehrsflächen oder Transportwege sich ändern,
- es zu gesetzlichen Neuerungen oder Anpassungen kommt,
- gefährliche Situationen, Unfälle oder Erkrankungen auftreten.
Wie schon erwähnt, ist das Ziel der Gefährdungsbeurteilung, mögliche Gefahrenquellen am Arbeitsplatz für die Beschäftigten im Voraus zu erkennen und zu bewerten, um Gefahr und Schaden zu vermeiden und allen einen gesunden und sicheren Arbeitsplatz zu garantieren. Das Arbeitsschutzgesetz verlangt dafür sieben Schritte, die mit der Festlegung von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten beginnen und mit der Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung nach erfolgter Wirksamkeitsprüfung enden.
Gerade die Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung ist besonders für kleinere Betriebe, die keine hauptamtliche Fachkraft für Arbeitssicherheit haben, ein Aufwand, dem kaum Nutzen zugesprochen wird oder gar nur als lästige Pflicht empfunden werden könnte. Um Unternehmerinnen und Unternehmern daher unter die Arme greifen zu können, hat die BG BAU eine digitale Handlungshilfe zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung geschaffen und sich dabei von folgenden Prämissen leiten lassen:
- Die Gefährdungsbeurteilung muss so einfach wie möglich zu erstellen sein.
- Gleichzeitig sollten idealerweise gleich Handlungshilfen, Tipps und Hinweise mitgegeben werden.
- Das Ziel war ferner ein digitales Assistenzsystem, damit die Mitgliedsbetriebe der BG BAU im Büro eine Gefährdungsbeurteilung vorbereiten und dann mobil am Arbeitsplatz ergänzen können. Es sollte also möglich sein, die Gefährdungsfaktoren voreinzustellen. Daraufhin sollten dann Maßnahmen vorgeschlagen und natürlich über aktuelle Regeländerungen sofort informiert werden.
Um diese Vorgaben umzusetzen, wurde von Seiten der BG BAU mit Verbänden, Innungen und interessierten Unternehmen gesprochen. Am Ende stand die Programmierung der schon erwähnten Web-App. Diese ist eine zusätzliche, mobile und rein digitale Möglichkeit, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und soll besonders kleinere Betriebe ansprechen. In dieser App findet sich auch ein Angebot für die Unterhalts-, Industrie- und Krankenhausreinigung. Nachfolgend eine kurze Anleitung, wie die App Schritt für Schritt zum Ergebnis führt.
Registrierung
Los geht es zunächst mit der Registrierung unter https://digitgb.bgbau.de. Da die fertige digitale Gefährdungsbeurteilung (DigitGB) auf einem Server der BG BAU gesichert wird, ist die Zustimmung zu den Datenschutz- und Nutzungsbedingungen nötig. Außerdem kann durch die Registrierung die Gefährdungsbeurteilung ganz einfach fortgeschrieben werden. Dabei ist gewährleistet, dass die BG BAU nicht auf die DigitGB zugreifen kann. Das funktioniert nur mit einer Einwilligung des Unternehmens.
Bei der Registrierung wird das Hauptgewerk ausgewählt. Die Gewerke beziehungsweise Reinigungsarten lassen sich nach der Registrierung beliebig ergänzen.
Mit der Anmeldung wird man automatisch Administrator für dieses Benutzerkonto. Änderungen am Konto kann nur der Administrator vornehmen. Es ist jedoch möglich, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugeben und diesen eine Benutzerrolle zuzuweisen. Das ist wichtig, wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der DigitGB unterstützen sollen.
Nach Abschluss der Registrierung wird eine E-Mail mit einem Bestätigungs-Link versandt. Des Weiteren die Benutzerkennung, die für jede Nutzerin und jeden Nutzer individuell sein muss. Die Benutzerkennung und das selbst vergebene Passwort werden für die Anmeldung benötigt. Bei der ersten Nutzung der App sollte man auch die Gewerke und Tätigkeiten hinzufügen, die gegebenenfalls neben dem Hauptgewerk ausgeführt werden, damit diese Auswahl später zur Verfügung steht.
Wer Hilfe beim Umgang mit der App benötigt, kann diese unter DigitGB@bgbau.de anfordern. Oder über diesen Weg auch Anregungen an die BG BAU senden: Fehlt eine bestimmte Gefährdung? Soll etwas zur Erleichterung voreingestellt werden?
Eingabe der Arbeitsstätte
Nach der Anmeldung in der DigitGB muss eine Arbeitsstätte beziehungsweise ein Objekt eingegeben werden. Die Gefährdungsbeurteilung muss dann einmal im Jahr überprüft werden oder wenn sich Änderungen ergeben haben. Solche Änderungen können die Anschaffung von neuen Maschinen sein, neue persönliche Schutzausrüstungen (PSA), die Ausmusterung von Maschinen oder auch Änderungen von Arbeitsabläufen. Zu der Arbeitsstätte/dem Objekt ist unter "Gewerke" die für die Reinigungsart passende voreingestellte Gefährdungsbeurteilung auszuwählen.
Erste Gefährdungsbeurteilung
Nun ist die Gefährdungsbeurteilung durchführbar, indem der erste Gefährdungsfaktor angeklickt wird. Im folgenden Dialog sind die entsprechenden Fragen zu beantworten. In der letzten Ansicht gibt es die Möglichkeit, selbst Text oder Bilder einzugeben. Mit einem hier eingestellten Foto kann zum Beispiel ein Arbeitszwischenstand dokumentiert werden. In dieser Art und Weise sind alle Gefährdungsfaktoren in der App abzuarbeiten. Was nicht relevant oder zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht relevant ist, kann übersprungen werden. Eine fertiggestellte Gefährdungsbeurteilung gibt den Sachstand zu diesem Zeitpunkt wieder und bekommt ein Datum sowie eine Uhrzeit zugewiesen. In der Historie bleiben alle Versionen verfügbar. So ist auch das Betrachten früherer Versionen möglich.
Am sinnvollsten ist es, die Gefährdungsbeurteilung immer fertigzustellen; ein Entwurf gilt nämlich nicht als fertig und erhält kein Datum. Später können die Gefährdungsbeurteilungen dann archiviert oder auch wieder gelöscht werden.
Fachkundige Unterstützung
Wie eingangs erwähnt, können fachkundige Personen bei der Ermittlung von Gefährdungen helfen, indem sie in der beauftragt werden und daran mitwirken. Sie schicken die Gefährdungsbeurteilung anschließend zur Unternehmerin beziehungsweise zum Unternehmer zurück, damit diese Schutzmaßnahmen festlegen können. Denn die Festlegung der Schutzmaßnahmen bleibt deren Verpflichtung.
Dokumentation
Ist die Gefährdungbeurteilung fertiggestellt, kann ausgewählt werden, ob ein Deckblatt mit einem QR-Code zum Abheften oder die ganze GB ausgedruckt werden soll.
Wirksamkeitskontrolle
Im Rahmen der abschließenden Wirksamkeitskontrolle gibt es schließlich eine Zusammenfassung als Unterlage. So können Schutzmaßnahmen überprüft werden. Ferner werden durch die Kontrolle Schwachstellen erkennbar. Besonders wenn dieselben Schwachstellen immer wieder und an mehreren Orten auftreten, sieht man leicht, welche Schutzmaßnahmen den Betrieb sicherer machen.
Die App der BG BAU wird ständig überprüft und erweitert. Verbände, Innungen und interessierte Unternehmen unterstützen dabei. Diese Mitwirkung hilft, die App so zu gestalten, dass alle damit arbeiten und den Nutzen für den Arbeitsschutz darin sehen können. Rückmeldungen, Anregungen und auch Kritik sind erwünscht (E-Mail: DigitGB@bgbau.de). Weitere Infos rund um das Thema Gefährdungsbeurteilung finden sich unter www.bgbau.de/gefaehrdungsbeurteilung.
Dr. Claudia Waldinger, BG BAU | guenter.herkommer@holzmann-medien.de