Ausgezeichnetes Konzept: Ausbildung mit Liebe zum Detail

Mit ihrem Ausbildungskonzept überzeugt die Unternehmensgruppe Fürst nicht nur ­Berufseinsteiger. Auch den Unternehmenspreis der Gebäudedienstleister 2022, ausgelobt vom Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV), konnte der Dienstleister aus Nürnberg entgegennehmen. Inhaberin Christine Bruchmann über ein "Komplettpaket, das bereits vor der Ausbildung ansetzt, während der Ausbildung begleitet und im Anschluss an die Lehrzeit eine Perspektive gibt".

Christine Bruchmann, Inhaberin der Unternehmensgruppe Fürst. - © rationell reinigen/Sascha Schneider

Der Unternehmenspreis der Gebäude­dienstleister wurde im Rahmen des Zukunftsforums Gebäudedienste 2022 in München verliehen. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie auf die Bühne gerufen wurden?

Christine Bruchmann: Ich war total positiv überrascht. Natürlich war ich von unserem Konzept überzeugt, aber dass wir den Unternehmenspreis der ­Gebäudedienstleister mit nach Hause nehmen durften, hat mir schon sehr gut gefallen und auch ein bisschen stolz gemacht.

Was machen Sie anders als andere Ausbildungsbetriebe?

Christine Bruchmann: Um für eine Ausbildung in der Gebäudereinigung zu begeistern, braucht es mittlerweile deutlich mehr als einen ansprechenden Flyer oder eine attraktive Vergütung. Deswegen setzen wir auf ein Komplettpaket, das bereits vor der Ausbildung ansetzt, während der Ausbildung begleitet und im Anschluss an die Lehrzeit eine Perspektive gibt. Wir legen großen Wert auf die Qualität unserer Ausbildung und unterstützen unsere Auszubildenden auch außerhalb des betrieblichen Umfelds. Beispielsweise haben wir eine Sozialberatung und psychische Betreuung für unsere Auszubildenden am Berufsschulstandort.

Welche Bausteine gehören zu Ihrem Ausbildungskonzept?

Christine Bruchmann: Unser Ausbildungskonzept setzt vor allem auf persönliche Betreuung. Wir wissen, dass der Einstieg ins Berufsleben ganz schön aufregend ist und viele Herausforderungen mit sich bringt, deshalb gestalten wir bereits den Ausbildungsstart für unseren Nachwuchs immer so natürlich wie möglich und sind seitens der Personalabteilung während der gesamten Ausbildungszeit sehr nah an unseren Auszubildenden dran. Nach dem Motto "we care" steht dabei der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Vordergrund. Unsere Auszubildenden sollen sich bei uns wohlfühlen und gern bei uns arbeiten. Und genau dafür sorgen wir mit unseren Programmen.

In welcher Form betreuen Sie die Auszubildenden während der Ausbildung? Wer ist dafür zuständig?

Christine Bruchmann: Alle Auszubildenden, Praktikanten und dual Studierenden werden zentral von unserer Personalabteilung betreut, gemeinsam mit den Fachabteilungen. Unsere Ausbildungsleiterin Jennifer Fahnenstiel ist hierbei hauptverantwortlich, sie kümmert sich mit viel Herzblut und ernsthaftem Interesse um unsere Young Professionals, und das zahlt sich aus.

Was genau ist unter Ihrem Azubi-Kompetenzzentrum zu verstehen?

Christine Bruchmann: Unser Ausbildungsprogramm geht weit über Lerninhalte hinaus. Das Azubi-Kompetenzzentrum, welches wir 2019 gegründet haben, ist für alle Auszubildenden unserer Organisation eine verbindliche Maßnahme und dient dazu, die fachübergreifenden Kompetenzen – begleitend zur betrieblichen Ausbildung – zu fördern. Zuletzt erarbeiteten wir in einem Workshop gemeinsam mit einem externen Kommunikationstrainer, was der Begriff Feedback in der Arbeitswelt bedeutet und warum Feedback so wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung ist. Wir haben es mittlerweile mit einer meinungsstarken Generation zu tun, was natürlich super ist, jedoch auch Herausforderungen mit sich bringt, gerade dann, wenn es in einer Abteilung nicht so läuft.

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    © rationell reinigen/Sascha Schneider
    Christine Bruchmann (Mitte) und Personalleiterin Nadine Heinecke (4.v.re.) – hier zu sehen mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (4.v.li.), Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich (3.v.li.) und den Mitgliedern der Jury - nahmen den Unternehmenspreis der Gebäudedienstleister beim Zukunftsforum Gebäudedienste 2022 in München entgegen.
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    © Fürst
    Zum Start des Ausbildungsjahres 2022 konnte Fürst zehn Auszubildende begrüßen – für die Berufe Gebäudereiniger, Kaufmann für IT-Systemmanagement beziehungsweise Büromanagement sowie Fachinformatiker für Daten- und Prozessanalyse beziehungsweise Systemintegration.

Wir geben unseren Auszubildenden Raum, sich persönlich weiterzuentwickeln und unterstützen sie dabei, ihre Stärken, ihre Persönlichkeit und ihre individuellen Wünsche zu entdecken. Das hilft dann in solchen Situationen, einen kühlen Kopf zu bewahren und dient der eigenen Entwicklung.

Wie kommt das Gesamtkonzept bei Ihren Auszubildenden an?

Christine Bruchmann: Durchweg positiv. Über unsere internen Kommunikationsplattformen bekommen wir regelmäßig Feedback und freuen uns über die hohen Teilnehmerzahlen bei all unseren Veranstaltungen.

Wie rekrutieren Sie Ihre Auszubildenden? Welche Rolle spielen die sozialen Netzwerke dabei?

Christine Bruchmann: Im Recruiting arbeiten wir seit einiger Zeit datenbasiert – eine Personalmarketingagentur berät uns bei Stellenkampagnen und liefert genaue Marktanalysen. Ein authentischer Social-Media-Auftritt unterstützt unser Re­cruiting und gibt Einblicke „von der Zielgruppe für die Zielgruppe“. Dazu müssen die potenziellen Auszubildenden jedoch erstmal auf das Unternehmen aufmerksam gemacht werden. So legen wir neben dem Online-Marketing unseren Fokus auf Kooperationen mit den regionalen Schulen, um frühzeitig mit den potenziellen Auszubildenden in Kontakt zu treten. Es gibt zahlreiche Aktionen, welche sehr gut über unsere IHK initiiert werden, zuletzt haben wir am Kickertisch Bewerbungsgespräche mit Auszubildenden geführt. So brechen wir direkt das Eis und überzeugen die jungen Menschen.

Für die Jury "ein Komplettpaket mit Liebe zum Detail"

Der Unternehmenspreis der Gebäudedienstleister wurde vom BIV im Jahr 2022 zum ersten Mal verliehen – an die Nürnberger Unternehmensgruppe Fürst. In der Begründung der sechsköpfigen Jury unter Vorsitz von Holger Eickholz heißt es: "Dieses Unternehmen hat ein Komplettpaket mit Liebe zum Detail entwickelt und beweist, dass man mit neuen Ideen Krisen wie unseren Azubimangel meistern kann. Der ganzheitliche und maßgeschneiderte Ansatz der Nachwuchsgewinnung ist professionell, überzeugend und auch insgesamt imagefördernd für die Branche." Mehr als 30 Unternehmen hatten sich um den Preis beworben.

Wie viele Auszubildende beschäftigen Sie aktuell? In welchen Bereichen?

Christine Bruchmann: Ausbildungsbetrieb sind wir seit 1965. Derzeit haben wir 25 junge Menschen in der Ausbildung und oder im dualen Studium bei uns beschäftigt. Aktuell bilden wir in neun Ausbildungsberufen aus, hierzu gehören Gebäudereiniger, Fachkraft für Schutz- und Sicherheit, Personaldienstleistungskaufmann und Kaufmann für Büromanagement. Hinzu kommen fünf IT-Ausbildungsberufe: IT-Systemmanagement, Kaufmann für Digitalisierungsmanagement, Fachinformatiker für Daten und Prozessanalyse, Fachinformatiker für Systemintegration und Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung. Meistens haben Ausbildungssuchende unsere Branche mit den durchaus spannenden Tätigkeitsfeldern überhaupt nicht auf dem Schirm. Umso überraschter sind unsere potenziellen Auszubildenden dann nach einem Bewerbungsgespräch, welche vielfältigen Karrieremöglichkeiten ihnen ein Ausbildungsberuf in einem Handwerksunternehmen bietet.

Sind damit alle Ausbildungsplätze, die Sie anbieten können beziehungsweise möchten, besetzt?

Christine Bruchmann: Auszubildende für die Gebäudereinigung sind nach wie vor Mangelware, hier stellen wir auch regelmäßig unter dem Jahr ein. Wir beginnen im Februar 2023 wieder mit der Rekrutierung für den Ausbildungsbeginn September 2023, Interessierte dürfen sich gerne direkt bei uns melden.

Lässt sich der Erfolg Ihrer Bemühungen messen?

Christine Bruchmann: Durchaus, wir haben eine überdurchschnittlich hohe Übernahmequote und eine niedrige Ausfallzeit bei unseren Auszubildenden, das interessiert die Personaler doch am meisten.

Wie schätzen Sie die Situation auf dem Ausbildungsmarkt insgesamt für Gebäudedienstleister ein?

Christine Bruchmann: Es braucht eindeutig eine Ausbildungsoffensive. Wir starteten damit, uns selbst zu hinterfragen: Wie attraktiv sind wir als Ausbildungsbetrieb und was braucht es, um die Zielgruppe für uns zu gewinnen? Dabei haben wir unsere komplette Organisation hinsichtlich Ausbildung neu aufgestellt. Für uns sind unsere Auszubildenden unsere Nachwuchskräfte und das zeigen wir ihnen auch. Ihre Meinung ist gefragt, wir fördern ihre Talente und lassen sie an Entscheidungsprozessen teilhaben. Das ist eine Haltung, die sicherlich noch nicht in allen Betrieben angekommen ist. Die Unternehmen sind aufgerufen, ihr Ausbildungskonzept zu überdenken, den Anforderungen an Ausbildung anzupassen und sichtbar zu machen, welche hervorragenden Karrierechancen das Handwerk bietet.

Was würden Sie Branchenkollegen raten, die keine Auszubildenden finden?

Christine Bruchmann: Zuerst sollte sich jedes Unternehmen fragen, ob es überhaupt in der Lage ist, Nachwuchskräften eine wertschätzende und qualitative Ausbildung zu ermöglichen. Wenn das nicht der Fall ist, würde ich davon abraten, selbst auszubilden. Denn dann nützt es weder dem Unternehmen noch den Auszubildenden oder dem Image der Branche. Sind gute Voraussetzungen als Ausbildungsbetrieb vorhanden, dann würde ich raten, sich in die potenziellen Auszubildenden hineinzuversetzen, um zu verstehen, was für die Auszubildenden wichtig ist und welche Erwartungen sie haben. Alle Vorteile und Stärken der Gebäudereiniger-Ausbildung des jeweiligen Betriebes sollte man dann in den Stellengesuchen herausstellen. Und das in einer Form, welche die Zielgruppe anspricht. Wichtig: Sage, was du bieten kannst, und tue dann, was du versprochen hast. Ein weiterer Tipp wäre, die eigenen Mitarbeitenden zu fragen, ob deren Kinder nicht Lust hätten, eine Ausbildung in der ­Gebäudedienstleistung zu machen, ein Handwerk mit guter Bezahlung, hervorragenden Karrierechancen und das Sprungbrett zur Selbstständigkeit.

Die Zahl der Auszubildenden im Gebäudereiniger-Handwerk sinkt seit Jahren. Wird es den Ausbildungsberuf auf längere Sicht irgendwann nicht mehr geben?

Christine Bruchmann: Das glaube ich nicht. Die Unternehmen, die professionell geführt werden und nachhaltig positiv in die Zukunft blicken, werden immer daran festhalten, Menschen eine gute Ausbildung im eigenen Betrieb zu ermöglichen. Unser Ausbildungssystem wird von vielen Ländern bewundert und hat uns in der Vergangenheit sehr gut begleitet und wird uns auch in der Zukunft Wettbewerbsvorteile bieten.

Heike Holland | heike.holland@holzmann-medien.de