Unterschlagung in der Niederlassung Richtige Anhörung ist Pflicht!

Erfährt ein Gebäudedienstleister von Unregelmäßigkeiten in einer Niederlassung, sollte die notwendige Aufklärung und Ermittlung des Verdächtigen schnell und sicher umgesetzt werden.Meldet beispielsweise ein Arbeitnehmer aus einer Niederlassung, dass eine „schwarze Kasse“ geführt wird und finanzielle Unregelmäßigkeiten auftreten, besteht Handlungsbedarf des Arbeitgebers. Nicht hinnehmbar im Arbeitsverhältnis sind Straftaten wie Diebstahl und Unterschlagung. Der Fall: Ein Objektleiter berichtet zur Abwendung gegen ihn erhobener Vorwürfe, dass der Niederlassungsleiter Geld für Reinigungstätigkeiten annimmt, ohne es zu verbuchen, und Gerätschaften gegen Bargeldannahme verkauft hätte. Nach Überprüfung der Monatsabrechnung aus der Niederlassung ergeben sich keine besonderen Einnahmen. Jetzt sollte der Unternehmer schnell handeln. Hintergrundwissen: Im Gegensatz zum Diebstahl behält der Täter bei der Unterschlagung nach § 246 StGB eine ihm anvertraute Sache (zum Beispiel Geld) mit Zueignungsabsicht. Für einen Betrug muss der Täter jemanden täuschen, bei einer Erpressung mit Gewalt einwirken oder drohen. Im Gegensatz dazu muss bei einem Diebstahl ein sogenannter „Gewahrsamsbruch“ begangen werden. Die Moppreinigung in der Niederlassung gegen Bargeld eines regelmäßig anliefernden externen Dienstleisters, der Verkauf einer gebrauchten Waschmaschine gegen Einbehalt des Erlöses, das Ausräumen von Lagerbeständen zum privaten Verbrauch und – last, but not least – das Nichtverbuchen im Betrieb vereinnahmter Beträge und Verwendung dieser Gelder für sich selbst unterfallen dem Straftatbestand der Unterschlagung. Fristlose Kündigung: Arbeitnehmern kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht nur wegen bewiesener Pflichtverstöße fristlos gekündigt werden, sondern auch wegen eines dringenden Tatverdachts. Pflichtprogramm für Unternehmer ist die vor Ausspruch der Verdachtskündigung vorzunehmende Anhörung des Arbeitnehmers. Problematisch hierbei ist insbesondere ein schlampiges Pro-forma-Vorgehen durch die Arbeitgeberseite. BAG aktuell: Im April 2018 gab es durch Rechtsprechung Lockerungen in der Weise, dass dem Arbeitnehmer bei der Anhörung nicht unbedingt das Gesprächsthema vorab mitgeteilt werden muss, sondern lediglich die aufklärungsbedürftigen Geschehnisse an ihn herangetragen werden müssen. Die korrekte Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, welcher Sachverhalt aufgeklärt werden soll, wo seine eigene Verantwortung hierzu liegt und er Gelegenheit erhält, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Vorsicht: Ab Kenntnis des Arbeitgebers muss die fristlose Kündigung nach zwei Wochen dem Arbeitnehmer zugegangen sein. Die Anhörung des Arbeitnehmers liegt in dieser Zeit, wobei im Rahmen einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eine zweitägige Abwartefrist laut LAG Schleswig-Holstein zu kurz war. Fazit: Erfährt der Unternehmer von einem Sachverhalt, der eine Unterschlagung beinhaltet, muss er schnell handeln durch Anhörung des Arbeitnehmers. Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und Entschuldigungsgründe sind im Rahmen einer Interessenabwägung geringer zu bewerten, als das Beendigungsinteresse des Unternehmers. Jens Köhler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, info@KanzleiKoehler.de