Im Zuge der digitalen Transformation hat ein bundesweit tätiger Dienstleister unternehmensweit den Roll-out einer branchenspezifischen Softwarelösung unter anderem für die digitale Zeiterfassung gestartet. Welche Erfahrungen damit bisher gemacht wurden und wie es gelingt, die Mitarbeitenden bei diesem Thema mitzunehmen.

Der Wille zur Veränderung hält Unternehmen gleich welcher Größe lebens- und wettbewerbsfähig. Um diesem Fakt Rechnung zu tragen und dabei bestmöglich Synergien zu bündeln, hat der Gebäudereiniger GRG bereits im Jahr 2019 ein Transformationsprogramm aufgesetzt, das zukunftsgerichtete Projekte unter anderem in den Bereichen Nachhaltigkeit und Personalmanagement zusammenführt, analysiert und vorantreibt. Ein elementarer Baustein des Programms ist die Einführung geeigneter Technologie zur Digitalisierung der operativen Prozesse in den Objekten.
"Zur Vorbereitung haben wir uns den Markt für Softwarebranchenlösungen im Bereich der Reinigung sehr genau angeschaut sowie viele Gespräche und auch Tests durchgeführt", blickt Anne Telöken, Programmleiterin bei der GRG, auf die Anfänge des Transformationsprozesses zurück und ergänzt: "Wichtig war es, die Kollegen aus dem operativen Bereich maßgeblich am Findungs- und Entscheidungsprozess zu beteiligen. Die Anforderungen an einzelne Funktionalitäten zeigten sich dabei als verhandel- und veränderbar; als nicht debattierbar und oberste Priorität in puncto Auswahlkriterium kristallisierte sich jedoch ein Faktor heraus: eine hohe Mitarbeiterakzeptanz durch eine einfache Bedienbarkeit. Denn die digitale Transformation kann nur erfolgreich stattfinden, wenn der Mensch im Fokus ist“. Dass sich damit auch die Anforderungen an den Führungsstil der Objektleiter ändern werden, sei von vornherein klar gewesen.
An diesen Vorgaben gespiegelt, fiel nach eineinhalb Jahren die Wahl schließlich auf die Software Blink von Andavis. Seit Oktober vergangenen Jahres befindet sich diese unternehmensweit im Roll-out. Überzeugend an dieser Lösung sei gewesen, dass sie mehrere Funktionalitäten innerhalb einer Plattform vereint, die für den operativen Betrieb des Dienstleisters relevant sind. Beispielsweise bietet Blink.Active ein integriertes Ticketsystem, mit dem sich Aufgaben und Anträge leicht erstellen und weiterleiten lassen. Mit dem Modul Blink.Check sind beliebige Formulare in digitaler Form abbildbar.
Zunächst lag der Fokus der Implementierung mit Blink.Time und Blink.Manager allerdings auf der digitalen Zeiterfassung und -planung – im Portfolio von Unternehmensprozessen ein vermeintlich kleiner Arbeitsschritt, dessen Veränderung aber einen immensen Impakt hat: "Bei einer Anzahl von rund 3.800 gewerblichen Mitarbeitenden werden bei der GRG jährlich allein etwa 45.600 Zeiterfassungsbögen auf Papier eingesammelt und verarbeitet. Das Potenzial für Einsparungen von Ressourcen aller Art ist also groß", wie Anne Telöken betont.
Mit zwei Klicks angemeldet
Ein Objekt in München war das erste, das sowohl die Testphase und die Schnittstellenprogrammierung als auch den anschließenden Start der Implementierung begleitet hat. Helen Keleta und Mirjana Angelovski aus dem dortigen GRG-Team hat der neue Ansatz von Anfang an überzeugt. Beide bestätigen unisono: "Mit nur zwei Klicks anmelden – das funktioniert super. Und das Beste ist, dass wir keine Kopien von den Zetteln mehr machen müssen, sondern alle unsere Arbeitszeiten auf dem Handy jederzeit sehen können."
Am Standort München wurde die gewählte Software erneut auf Herz und Nieren getestet, um vor dem unternehmensweiten Roll-out etwaige Kinderkrankheiten zu beseitigen und mögliche Herausforderungen, die sich im Laufe der Implementierung neu ergeben, zu antizipieren. Die enge und kontinuierliche Begleitung der Einführung durch die jeweilige Objektleitung ist nach Überzeugung der GRG ein Muss, um Bedenken von Mitarbeitenden auszuräumen, Fragen zu beantworten und auch Verbesserungen frühzeitig berücksichtigen zu können. Dann würden Transformationsprozesse am Ende auch positiv wahrgenommen – digital und trotzdem menschlich.
Genutzt wird das eigene Smartphone
Die Handhabung der in verschiedenen Sprachen verfügbaren Software ist einfach konzipiert: Die Zeiterfassung mit Blink.Time findet über den Scan mittels Smartphonekamera statt. In den Objekten befinden sich QR-Codes, die wiederum mit Namen und Leistungsumfang der Tätigkeit versehen sind. Scannt der Mitarbeitende den QR-Code, startet die Zeiterfassung und läuft automatisch, auch wenn das Telefon danach ausgemacht und in die Tasche gesteckt wird. Nach dem Ende der Tätigkeit muss die Zeiterfassung, wie zum Start, per Scan gestoppt werden.
Die Mitarbeiter der GRG verwenden zur Zeiterfassung ihre eigenen Geräte. Der Zuspruch hierfür liegt aktuell bei etwa 80 Prozent. Diejenigen, die kein Smartphone besitzen oder dies dafür nicht zur Verfügung stellen möchten, erfassen ihre Arbeitszeit via Telefoneinwahl mit einem stationären Telefon oder dem eines Vorarbeiters. Jeder Mitarbeiter sieht in seiner App nur die ihn betreffenden Daten, zur Abrechnung übertragen werden nur der Start und Stopp der Arbeitszeit. Der Datenschutz wird über einen Datenverarbeitungsvertrag gemäß den DSGVO-Bestimmungen sichergestellt.
Führungskräfte übernehmen Schulung
Die Schulung der Mitarbeitenden auf die Software übernehmen die Führungskräfte selbst. Die Nähe zur Führungskraft soll den Reinigungskräften das nötige Vertrauen geben, sich mit dem neuen Prozess zurechtzufinden. "Wir nutzen zwar auch Infoblätter mit Inhalten zum Datenschutz und den Vorteilen bezüglich der App; am besten ist es jedoch, dem Mitarbeitenden die Vorteile mit Geduld persönlich zu erklären", merkt Hatice Albayrak, Kundenbetreuerin bei der GRG, hierzu an und ergänzt: "Bei manchen Kollegen muss man auch öfter vorbeischauen und mit ihnen sprechen, aber bisher konnten wir immer eine Lösung finden."
Als Feedback geben die Mitarbeitenden überwiegend an, dass sie mit der App sehr schnell und sehr gut zurechtkommen. Ist dies nicht der Fall, liegt es oft an der Hardware – etwa an älteren Handys. Es komme natürlich auch vor, dass die App grundsätzlich auf Ablehnung stößt. Aber auch hier gebe es Lösungen: Zum einen lässt sich die Zeiterfassung mittels einer Telefoneinwahl starten und stoppen. Zum anderen gibt es die Option, ein Terminal zur Erfassung via Chipkarten im Objekt zu installieren. Diese Alternativen seien wichtig, um im Transformationsprozess keine Mitarbeitenden auszuschließen und zu verlieren.
Wie jeder Veränderungsprozess braucht auch die Umstellung auf eine digitale Zeiterfassung Zeit – selbst, wenn sie grundsätzlich positiv bewertet wird. So gestehen fast alle Mitarbeitenden ein, dass sie vor allem zu Beginn der Software-Implementierung den Start oder den Stopp der Erfassung schon einmal vergessen haben.
Auch das Loslassen des alten Prozesses fällt laut Anne Telöken nicht allen gleichermaßen leicht: "Hört man sich unter den Mitarbeitenden um, so gibt es immer wieder Kollegen, die ihre Arbeitszeiten zumindest anfangs zusätzlich zur App handschriftlich notieren. Der Abgleich mit den Daten der App und dem Lohnzettel bestätigt dann jedoch die Funktionalität und führt bei den meisten Mitarbeitenden zu mehr Vertrauen in die Technologie – und der Zettel verschwindet ganz. Langfristig kann der gezielte Einsatz der Software durch eine hohe Transparenz sogar das Vertrauen bei der Arbeitszeiterfassung und -abrechnung erhöhen."
Schnittstelle zum ERP-System
Mit Blink.Manager bietet die Lösung zudem eine Planungsoberfläche, mit der die Objektleiter sowohl Einplanungen vornehmen als auch Zeiten für den Abrechnungsprozess freigeben können. Die Anbindung an das bestehende ERP-System durch eine Schnittstelle stellt sicher, dass in der Umstellung keine doppelte Arbeit durch die manuelle Dateneingabe anfällt. Hier habe es sich immens bewährt, die Schnittstellenprogrammierung durch eine extra geschaffene Position intern abzubilden: Strukturen und Wechselwirkung sind bekannt, Bedürfnisse würden besser verstanden und der Support könne auch langfristig gewährleistet werden.
Alles in allem "erleichtert die App den Abrechnungsprozess ungemein", findet André Müller, Abteilungsleiter bei der GRG. Anders als zuvor über die Papierbögen können die Zeiten nun jederzeit eingesehen und freigegeben werden. Damit stehen diese bereits vor der Abrechnung sowohl dem Objektleiter als auch dem Mitarbeitenden transparent zur Verfügung.
Bis Ende des Jahres sollen alle Führungskräfte deutschlandweit bei der GRG im Umgang mit Blink geschult werden. Parallel wurde intern eine Koordinationsstelle aufgebaut, die den Führungskräften nach ihrer Schulung mit Rat und Tat zur Seite steht. Der Erfahrungsaustausch unter den Kollegen spiele dabei eine wesentliche Rolle, wie in den Gesprächsrunden immer wieder deutlich werde.
Denise Baron, Vorarbeiterin bei der GRG, fasst ihre Erfahrungen mit der App folgendermaßen zusammen: "Im Allgemeinen eine super Sache, um dem Papierkrieg aus dem Weg zu gehen, im Büroschrank ein paar Ordner weniger zu benötigen und viel Zeit zu sparen." Ihr Kollege Jamal fügt noch hinzu: "Die Papiereinsparung kommt letztlich auch der Umwelt zugute."
Den goldenen Knopf gibt es nicht
Die Veränderung eines Prozesses, der so viele Mitarbeitende betrifft, ist ohne Frage aufwendig – und das über einen längeren Zeitraum. Vertraute Arbeitsweisen lassen sich nicht von heute auf morgen verändern. "Dem einen fällt das leichter als dem anderen und dabei spielt das Alter, wie man vermuten könnte, keine Rolle. Glücklicherweise ist der Lernprozess für alle gleich und die Bereitschaft, sich gegenseitig zu unterstützen, ist hoch", sagt Julia Remde, Plattform-Koordinatorin und hauptverantwortlich für den Support.
Auch die technologische Seite birgt Einschränkungen: "Den goldenen Knopf gibt es nicht. Eine Branchenlösung kann in der Regel nicht alle selbst definierten Anforderungen abdecken", gesteht Anne Telöken ein. Umso wichtiger sei ein regelmäßiger Austausch auf allen Ebenen: Die Objektleiter der GRG teilen mit dem Projektteam kontinuierlich Verbesserungsvorschläge und Hinweise von den Mitarbeitenden, die dann wiederum mit dem Geschäftsführer von Andavis, Thomas Bakeberg, besprochen werden. Auf diese Weise könne durch eine Vielzahl an Feedbackgebern "über die Jahre ein noch umfangreicheres Produkt entstehen, das die vielfältigen Anforderungen an ein digitales Tool in der Reinigungsbranche vollumfänglich erfüllt", sagt Thomas Bakeberg.
Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist das Resümee zur Umstellung auf die digitale Zeiterfassung in der GRG positiv: Die Digitalisierung des Prozesses spare nicht nur Papier und damit Arbeitszeit sowie Emissionen, sondern stärkt auch das Vertrauen zwischen Reinigungskräften und Unternehmen durch mehr Transparenz und verlässliche Daten.
Entscheidend für den Erfolg sei, den digitalen Transformationsprozess – wie bereits erwähnt – durch eine entsprechende Personalstruktur zu begleiten beziehungsweise zu stützen: Mit einem eigenen Geschäftsbereich für Transformation und internen Positionen wie Programmleitung, Schnittstellenprogrammierung oder Support & Koordination. Das Fazit von Hubertus von Roenne, Chief Digital Officer bei der GRG: "In Zeiten, in denen die rasanten Veränderungen durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche viele verunsichern, kann ein betriebliches Transformationsprogramm, das sich immer wieder an den Fragen und Ängsten, aber auch den Wünschen und den persönlichen Erfahrungen der Menschen orientiert, dazu beitragen, dass wir in der Gebäudereinigung unsere Mitarbeitenden auf dem Weg der digitalen Entwicklung mitnehmen."
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