Massenentlassung nach Objektverlust Die Grenze ist schnell erreicht

Kürzlich erteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) drei Landesarbeitsgerichten eine Abfuhr zum Thema „Wann muss die Massenentlassungsanzeige des Arbeitgebers bei der Bundesagentur für Arbeit eingehen?“.Im Rahmen des Verlustes eines Kundenobjektes kann schnell die Frage für den Arbeitgeber aufkommen: Muss innerhalb der Referenzfrist von 30 Tagen eine größere Anzahl von Mitarbeitern entlassen werden und was ist zu tun? Besteht ein Betriebsrat, so ist ein Konsultationsverfahren zur Massenentlassung durchzuführen – zumindest muss der Unternehmer die Vorgaben des § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) mit der ordnungsgemäßen Abgabe einer Massenentlassungsanzeige beachten. Hintergrundwissen: Eine Massenentlassung liegt nach § 17 KSchG dann vor, wenn in Betrieben mit 20 bis 60 Arbeitnehmern mehr als fünf, in Betrieben mit 60 bis 500 Arbeitnehmern 10 Prozent oder mehr als 25 Arbeitnehmer und in Betrieben mit über 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen werden müssen. In dem Fall liegt eine Anzeigepflicht an die Bundesagentur für Arbeit für diese Kündigungsmaßnahme vor. Mehrere BAG-Urteile erläutern deren Inhalt. Mit dem Betriebsbegriff meint das KSchG die GmbH, nicht jedoch eine Niederlassung bzw. Kundenobjekte bei ein und demselben Kunden. Hat beispielsweise die GmbH 300 bis 500 Beschäftigte, so ist bei einem Objektwegfall, in dessen Verlauf mehr als 25 Arbeitnehmern gekündigt werden muss, eine Massenentlassungsanzeige Pflicht. Zum Fall: Die Objektkündigung des Kunden geht ein und der Unternehmer fällt die Entscheidung, allen in dem Objekt eingesetzten Mitarbeitern zu kündigen. Die Kündigungen werden ausgefertigt. Verstoß ja oder nein? Hierzu das BAG: Die erforderliche Massenentlassungsanzeige kann wirksam erstattet werden bei der Bundesagentur für Arbeit, auch wenn der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt zur Kündigung entschlossen und diese gar ausgefertigt hat. Vor Zugang des Kündigungsschreibens beim Arbeitnehmer muss die Massenentlassungsanzeige allerdings bei der BfA eingegangen sein. Auch unter Berücksichtigung der europäischen Massenentlassungsrichtlinie kann der Unternehmer den Kündigungsentschluss fällen, die Kündigungsmaßnahme vorbereiten, sodann die Massenentlassungsanzeige tätigen und erst danach die Kündigungen den Arbeitnehmern zustellen. Vorsicht: Beachtenswert im Rahmen der Kündigung von Mitarbeitern ist: Wie sieht die Massenentlassungsanzeige aus? Eine nicht ordnungsgemäß ausgefüllte Anzeige, eine fehlerhafte Anzeige wegen nichterfasster Arbeitnehmer, falsche inhaltliche Angaben und – last, but not least – die verspätete Anzeige bei Kündigungsmaßnahmen können dazu führen, dass die Kündigungen auch außerhalb des KSchG allesamt rechtsunwirksam sind! Damit geben BAG und EuGH den Arbeitnehmern im Rahmen des Kündigungsschutzes einen zusätzlichen „Rechtshammer“ in die Hand, obschon die Anzeige als solche nur die Öffentlichkeit über künftige Arbeitssuchende informieren soll. Fazit: Die Entlassung einer Vielzahl von Arbeitnehmern im Rahmen eines Objektverlustes verpflichtet den Unternehmer einmal mehr, mit großer Sorgfalt, Aufmerksamkeit und maximalem Rechtsverständnis Kündigungsmaßnahmen durchzuführen. Jens Köhler peter.hartmann@holzmann-medien.de