Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind globale gesellschaftliche Herausforderungen. Wie stellt sich die Gebäudereinigung diesen Themen? Peter Blenke, CEO der Wackler Group, bezieht Stellung.

Herr Blenke, inwieweit ist der Umweltgedanke bereits nachhaltig und in der Breite in der Branche verankert – sowohl bei den Herstellern als auch den Dienstleistern?
Peter Blenke: Wie in den meisten anderen Branchen ist das Thema auch in der Gebäudereinigung angekommen und ja auch nicht grundsätzlich neu. Die Frage ist, wie nachhaltig und konsequent es jeweils umgesetzt wird. Zwar haben wir in Deutschland unsere Klimaziele im vergangenen Jahr auch erreicht; sprich wir konnten CO2-Ausstoß gegenüber dem Jahr 1990 – wenn auch unter Mithilfevon Corona – um über 40 Prozent reduzieren. Wenn man sich auf der anderen Seite aber vor Augen hält, dass wir weltweit seit 1990 die Emissionen um über 60 Prozent gesteigert haben, besteht hier global gesehen ein hoher Handlungsbedarf.
Was konkret unsere Branche betrifft: Bei den Herstellern gibt es definitiv Unternehmen, die sich der nachhaltigen und klimaneutralen Produktion zum Beispiel von Reinigungsmitteln verschrieben haben. Aber es sind noch nicht sehr viele. Das haben wir selbst im Rahmen unserer Suche nach potenziellen Partnern für unser eigenes und geschütztes Reinigungskonzepts Green Clean feststellen müssen.
Was unsere Mitbewerber seitens der Dienstleister angeht, können wir nicht hinter die Kulissen blicken. Sicherlich bietet das ein oder andere Unternehmen eine nachhaltige Reinigung an. Dabei wird aber oftmals lediglich ein Teilaspekt betrachtet – etwa die Produktauswahl oder die Textilpräparation.
Die Kunden sollten jedenfalls darauf achten, sogenannte Greenwasher von den Unternehmen zu unterscheiden, die ernsthaft und vor allem konsequent mit dem Thema Nachhaltigkeit umgehen, einen erkennbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten möchten und dabei unbedingt auch Lieferketten und Dienstleister berücksichtigen.
Mit welchen Mehrkosten gegenüber konventioneller Reinigung müssen Kunden kalkulieren, wenn sie einen Dienstleister mit einer grünen Gesamtlösung beauftragen?
Peter Blenke: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, weil es immer vom jeweiligen Objekt und vom Umfang beziehungsweise den individuellen Ansprüchen des Kunden abhängt. Aber es entstehen natürlich Mehrkosten, wenn man das Klima und die Umwelt schützen will. Und so wie bewusste Verbraucher in zunehmender Anzahl ihr Gemüse regional und am besten beim Bio-Bauern vergleichsweise teurer einkaufen, gibt es durchaus auch bewusste Unternehmen, die Mehrkosten bei der Reinigung in Kauf nehmen, wenn sie dadurch Qualität bekommen und ihren Teil dazu beitragen, den Planeten für die nächsten Generationen lebenswert zu hinterlassen. Aber selbstverständlich muss die Wirtschaftlichkeit der Dienstleistung insgesamt gegeben sein.
Wenn sich die Mehrkosten auch nicht pauschal beziffern lassen – von welcher Größenordnung sprechen wir hier?
Peter Blenke: Mit einem Anteil von rund zehn Prozent liegt man sicher nicht daneben. Aber nochmal: Ich bin mir sicher, dass es den Kunden wert ist, diesen Beitrag zum Umwelt- beziehungsweise Klimaschutz zu leisten – sonst würden sie uns nicht mit der Leistung langfristig beauftragen.
Wie argumentiert man als Dienstleister, um den Kunden zu überzeugen, einen Mehrbetrag für die Reinigung zu bezahlen? Schließlich ist das angestrebte Ergebnis bei grüner und konventioneller Reinigung dasgleiche: Das Objekt muss sauber sein. Und nicht selten lautet dabei lautet die Vorgabe seitens der Kunden: Möglichst billig!
Peter Blenke: Der "Hauptsache billig"-Kunde wird sich nicht für einen nachhaltigen Ansatz entscheiden – das wissen wir. Aber es gibt Kunden, die gezielt auf uns zukommen bezüglich einer nachhaltigen Reinigung, weil es ihre unternehmensinterne Corporate Social Responsibility verlangt beziehungsweise ihrem Wunsch entgegen kommt, mehr für den Klimaschutz zu tun. Diese Kunden braucht man nicht zu überzeugen.
Dann gibt es Kunden, die Interesse zeigen. Diese versuchen wir mit den Argumenten zu überzeugen, die uns selbst zu dem Entschluss gebracht haben, klimaneutral zu werden. Zum einen wirklich aus der Überzeugung heraus, Verantwortung zu übernehmen. Zum anderen natürlich auch aus wirtschaftlichen Gründen, denn die Kunden unserer Kunden verlangen ebenfalls vermehrt, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, deren Umwelt- und Klimaschutz Teil der Unternehmenspolitik sind und nicht nur Imagefaktoren.
Wir wollen aber niemanden überreden, unser Green-Clean-Konzept anzunehmen. Zumal wir ja auch seit 112 Jahren die klassische Reinigung im Angebot haben, die Stand heute noch das Gros unseres Geschäftes ausmacht. Klar ist aber auch: Über kurz oder lang werden sich alle Unternehmen aufgrund der deutschen und europäischen Klimaziele mit dem Thema auseinandersetzen müssen – Stichwort CO2-Steuer.
In welchem Maße erbringt Wackler heute grüne Reinigungsdienstleistungen?
Peter Blenke: Keine Frage: Im Vergleich zur konventionellen Reinigung ist der Anteil mit ein paar Prozent vom Gesamtumsatz noch relativ klein. Der Anteil an grünen Kunden nimmt jedoch stetig zu, gerade auch im Zusammenhang mit unserer Tochtergesellschaft ConClimate, die wir im vergangenen Jahr neu gegründet haben. Und damit wächst auch der Anteil grüner Dienstleistungen überproportional. Bei der ConClimate handelt es sich um ein Unternehmen, das Firmen jeglicher Größenordnung – und nicht zuletzt die Unternehmen der Wackler Group selbst – in Sachen Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften berät.
Ist die Nachfrage beziehungsweise Akzeptanz für nachhaltiges Reinigen je nach Auftraggeber-Klientel unterschiedlich stark ausgeprägt?
Peter Blenke: Grundsätzlich kann man sagen, dass wir nicht den speziellen Zielkunden haben, der sich in diesem Bereich engagieren möchte. Als wir 2009 die ersten Schritte in Richtung grüne Reinigung unternommen haben – damals noch unter der Marke Bio Clean – kam unser erster Kunde aus der Industrie. Heute haben wir ein gemischtes Feld von Industriekunden, Verlagen, Immobiliengesellschaften, Verwaltungen, Banken und so weiter.
Im öffentlichen Sektor steht der Umwelt- und Klimaschutz in den Vergaberichtlinien leider noch nicht ganz oben. Würden wir hier versuchen, Leistungen nach dem Green-Clean-Ansatz anzubieten, kämen wir allein schon deshalb nicht zum Zuge, weil wir unsere Mitarbeiter in diesem Bereich übertariflich bezahlen. Mittelfristig – ich rechne mal innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre – wird sich aber auch im öffentlichen Sektor in puncto Nachhaltigkeit einiges tun beziehungsweise tun müssen, sodass wir dann auch in diesem Umfeld entsprechende Dienstleistungen werden anbieten können.
In Zeiten von Corona treten viele Unternehmen und auch Kommunen auf die Kostenbremse. Befürchten oder erfahren Sie bereits, dass damit die Investitionsbereitschaft in grüne Reinigung wieder spürbar nachlässt?
Peter Blenke: Nein. Unternehmen, die schon vor der Corona-Krise Nachhaltigkeit als wichtiges Thema für die Zukunftsfähigkeit betrachtet haben, tun dies auch weiterhin – sofern sie durch die Krise nicht in eine unmittelbare Existenznot geraten, wie es beispielsweise in der Hotel- oder Messe-Branche nicht selten passiert. Viele Unternehmen nutzen die unfreiwillige Verschnaufpause auch, um mit Weitblick die Weichen für die Zeit nach Corona zu stellen.
Wackler selbst treibt die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit mit dem bereits angesprochenen Servicekonzept Green Clean voran. Was verbirgt sich konkret dahinter?
Peter Blenke: Vorantreiben ist hier vielleicht nicht das richtige Wort. Denn wir haben bereits vor über zehn Jahren den Nachhaltigkeitsweg eingeschlagen. 2018 haben wir schließlich Green Clean vollumfänglich an den Start gebracht. Dabei handelt es sich um keinen Reinigungsservice im klassischen Sinne, sondern vielmehr um ein ganzheitliches und zugleich lebendiges Konzept, bei dem Umwelt- und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit wirklich bis ins Kleinste durchdacht und bestmöglich umgesetzt sind. Es stützt sich auf insgesamt vier Säulen: Umwelt, Soziales, Qualität und Beschaffung.
Können Sie diese vier Säulen etwas näher erläutern?
Peter Blenke : Lassen Sie mich mit dem Klimaaspekt beginnen: Alle nicht vermeidbaren CO2-Emissionen, die durch den Einsatz von Green Clean entstehen, wie zum Beispiel bei der Herstellung der Reinigungsmaterialien oder der Verwendung elektrischer Maschinen beim Kunden, werden durch uns kompensiert.
Zur Säule Soziales: Unsere Mitarbeiter, die im Bereich Clean Green tätig sind, werden durch spezielle Schulungen und Fortbildungen besonders qualifiziert. Sie leisten viel und wir wissen das zu schätzen. Daher werden sie auch branchenüberdurchschnittlich bezahlt.
Was die Beschaffung betrifft, legen wir Wert darauf, dass alle Reinigungstextilien, -maschinen und -geräte klimaneutral sowie regional beziehungsweise in der EU hergestellt werden. Unsere Partner und Lieferanten sind selbst klimaneutral, arbeiten und produzieren nachhaltig und halten nachweislich die ILO-Standards ein. Die eingesetzten Staubsauger etwa bestehen bis zu 75 Prozent aus Recyclingmaterialien, die Systemwägen aus recyceltem Kunststoff.
Fehlt noch die Säule Qualität: Über Management-Informationsberichte sowie verpflichtende elektronische Qualitätssicherungstools und auf der Grundlage unserer Sechsfach-Zertifizierung gewährleisten wir eine lückenlose Transparenz. Dabei garantieren wir eine bis zu 99 Prozent keimreduzierte, umweltfreundliche Reinigung.
Apropos Soziales: Sie entlohnen Ihre Mitarbeiter im Bereich Green Clean übertariflich und damit besser als Kräfte, die in der konventionellen Reinigung tätig sind. Führt dies intern nicht zu einer Neiddebatte innerhalb der Belegschaft?
Peter Blenke: Das Thema Neid kam innerhalb der Belegschaft bisher noch nicht auf. Grundsätzlich bieten wir jeder Reinigungskraft die Möglichkeit, sich weiterbilden zu lassen, und fördern dies nach Auftragssituation natürlich auch.
Auf der anderen Seite erfordert die Arbeit im Umfeld von Green Clean, wie bereits angesprochen, eine besondere Qualifikation – sprich Ausbildung. Es möchte auch nicht jeder Mitarbeiter, der im Bereich der konventionellen Reinigung tätig ist, zu Green Clean wechseln.
Wie hoch ist der übertarifliche Lohnanteil im Umfeld von Green Clean?
Peter Blenke : Auch hier kann ich keine pauschale Angabe machen. Wir haben zwar grundsätzlich einen Euro festgelegt, den eine Green-Clean-Reinigungskraft über Tarif erhalten sollte, aber der Kunde kann darüber hinaus selbst entscheiden, ob er den Reinigungskräften noch mehr für die Leistung bezahlen möchte – und solche Kunden gibt es durchaus, die hier gemäß ihrer eigenen CSR-Richtlinien handeln.
Sie versprechen Ihren Kunden, dass Sie Ihre Dienstleistung nach dem Green-Clean-Konzept zu 100 Prozent klimaneutral stellen. Wie schafft man das im Detail?
Peter Blenke : Indem wir zunächst sicherstellen, dass der CO2-Fußabdruck einer Green-Clean-Reinigung schon deutlich geringer ist, als der einer konventionellen Reinigung. Voraussetzung, um dies überhaupt beziffern zu könnten, ist eine detaillierte und umfassende CO2-Bilanzierung des gesamten Prozesses. Dies übernehmen die Spezialisten unseres Tochterunternehmens ConClimate. Dabei werden für jeden Kunden sämtliche Energie- und Materialverbräuche, aber beispielsweise auch die tägliche Anfahrt der Mitarbeiter zum Objekt sowie externe Dienstleistungen wie die Reinigung der Textilien berücksichtigt.
Nicht vermeidbare Rest-Emissionen werden anschließend durch zertifizierte Klimaschutzprojekte kompensiert, wobei der Kunde auch beim Auswahlprozess der Projekte mit eingebunden ist.
Ein Beispiel: Aktuell unterstützen wir in Uganda das Projekt Effiziente Kochherde, Im Vergleich zu den traditionellen offenen Feuerstellen ermöglichen die neuen Herde aus Metall eine Brennstoffeinsparung von 35 bis 50 Prozent und vermeiden zudem gesundheitsschädlichen Rauch. In Summe resultiert aus dem Projekt eine Emissionsminderung von jährlich 450.000 Tonnen CO2.
Kurzum: Wir verfahren stets nach dem Motto: Vermeiden, reduzieren, ausgleichen. Am Ende weisen wir die Klimaneutralität jeweils durch ein kundenspezifisches Zertifikat nach.
Müsste es am Ende nicht Ziel sein, 100 Prozent der Reinigungsdienstleistung nach dem Green-Clean-Ansatz zu erbringen? Ist dies überhaupt realistisch?
Peter Blenke: Langfristig gesehen muss es das Ziel sein. Das ist zumindest unser Anspruch. Aber erfahrungsgemäß braucht eine Idee Zeit und auch entsprechende Mitstreiter, um in der Breite der Branche und natürlich auch im öffentlichen Sektor umgesetzt zu werden. Wir sind aber überzeugt, dass das Thema von Jahr zu Jahr zunehmen und neben dem Preis sowie der Qualität für immer mehr Kundengruppen ein wichtiges Entscheidungskriterium sein wird.
Günter Herkommer | guenter.herkommer@holzmann-medien.de