Branchenspiegel 2021: Den Herausforderungen der Pandemie gestellt

Wie ist die Gebäudereinigung durch die Pandemie gekommen? Was hat sich durch Corona verändert? Vor welchen Herausforderungen stehen die Dienstleister? Der aktuelle Branchenspiegel "Gebäudedienste in Deutschland" gibt Antworten.

Gemessen an den schlimmsten Befürchtungen zu Beginn der Corona-Krise ist die Branche bislang einigermaßen glimpflich durch die Pandemie gekommen – Zusatzleistungen rund um Hygiene und Desinfektion haben maßgeblich dazu beigetragen. - © rationell reinigen

Mit der mittlerweile 27. Auflage der Branchenum­frage "Gebäudedienste in Deutschland" von rationell ­reinigen, bei deren Ergebung und Auswertung einmal mehr die studentische Unternehmensberatung der Universität Augsburg - JMS Augsburg e.V. - unterstützt hat, werfen wir einerseits einen Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der teilnehmenden Dienstleister im vergangenen Geschäftsjahr. Zum anderen haben wir die Verantwortlichen zu ihrer Einschätzung der aktuellen Lage sowie zu den größten Herausforderungen befragt, mit denen sich die Unternehmen der Branche aktuell konfrontiert sehen. Teilgenommen haben insgesamt 98 Betriebe – vom ein-Mann-Betrieb bis hin zum Konzern mit rund 1,2 Milliarden Euro Umsatz und über 30.000 Beschäftigten.

Was die Umsatzentwicklung in den Unternehmen betrifft, lässt sich beim Blick auf die Teilnehmerliste bilanzieren: Ganz so schlimm, wie zu Beginn der Krise zu befürchten war, ist es nicht gekommen. Zwar verzeichnen einige Dienstleister für das zurückliegende Geschäftsjahr Umsatzrückgänge, die maßgeblich auf die Reduzierung von Leistungen oder gar komplett weggefallene Aufträge aufgrund von Corona zurückzuführen sein dürften; allerdings bewegen sich diese Rückgänge meist im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Insgesamt gaben 26 Prozent der befragten Dienstleisteran, dass sie 2020 Umsatzrückgänge in von Schließungen betroffenen Bereichen hatten – insbesondere bei der klassischen Unterhaltsreinigung. Zum Teil konnten diese aber aber durch andere, coronabedingte Zusatzleistungen ausgeglichen oder sogar überkompensiert werden. Über 17 Prozent der Teilnehmer verwiesen jedenfalls darauf, dass sie ihre Umsätze im Zusammenhang mit der Hygienebeziehungsweise der desinfizierenden Reinigung steigern konnten. Grundsätzlich blieben die Reinigungsintervalle bei gut der Hälfte der Unternehmen (54 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr stabil, 30 Prozent vermelden eine Verringerung und die restlichen 16 Prozent eine Steigerung der Reinigungsintervalle.

Das sich aus den Antworten der Umfrage ergebende Lagebild deckt sich im Großen und Ganzen mit den Zahlen des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV). Demnach ist der Gesamtumsatz in Deutschlands beschäftigungsstärkstem Handwerk mit seinen knapp 26.000 Unternehmen und nahezu 700.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im vergangenen Jahr um weniger als ein Prozent auf knapp unter 20 Milliarden Euro gesunken. Damit ist die Branche unter dem Strich „halbwegs glimpflich“ durch das Krisenjahr 2020 gekommen, wie Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich bereits im Februar im Interview mit rationell reinigen feststellte.

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Für eine seriöse Aussage, ob im aktuellen Geschäftsjahr wieder eine Rückkehr auf den Wachstumspfad möglich sein wird, ist es angesichts der noch immer andauernden Pandemie und der damit verbundenen Unwägbarkeiten sicher noch zu früh. Was sich aber festhalten lässt: Beachtliche 94 Prozent der Unternehmen, die an der aktuellen rationell-reinigen-Umfrage teilgenommen haben, blicken "eher zuversichtlich" beziehungsweise "sehr zuversichtlich" auf das aktu­elle Geschäftsjahr. Bei der letztjährigen Befragung lag dieser Wert noch bei 83 Prozent.

Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu

Die gute Grundstimmung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen: Die Herausforderungen, vor denen die Branche in den kommenden Monaten und Jahren steht, sind enorm – allen voran der bereits seit langem beklagte Fachkräftemangel. In Zeiten von Corona wird sich dieser wohl weiter verschärfen, wie nicht wenige Dienstleister befürchten. Zitat eines Befragten: "In den Abteilungen Hotel- und Veranstaltungsservices haben uns aufgrund der Kurzarbeit einige gute Mitarbeiter verlassen. Zudem ist es noch schwieriger geworden, gewerbliche Auszubildende zu finden." Angesichts dessen mehren sich die Rufe derer, die fordern, das Berufsbild des Gebäudereinigers in der Bevölkerung müsse bekannter gemacht und gleichzeitig das Image der Branche weiter „aufpoliert“ werden.

Vielleicht bewirkt Corona ja gerade diesbezüglich auch etwas Gutes. So hat das Virus der breiten Bevölkerung unübersehbar aufgezeigt, wie wichtig das industrienahe Dienstleistungshandwerk der Gebäudereinigung für das Funktionieren der deutschen Wirtschaft und die Gesundheit aller ist. Dass Sauberkeit und Hygiene in diesem Zuge an gesellschaftlicher Wertschätzung gewonnen haben, hat unter anderem eine vom BIV bereits im April 2020 in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage bestätigt: Insgesamt 96 Prozent der Befragten gaban, dass sie die Arbeit der Gebäudereinigung in der aktuellen Corona-Krise für "sehr wichtig" (67 Prozent)beziehungsweise "wichtig" (29 Prozent) erachten. Wir haben nun die Branchenvertreter selbst gefragt: Glauben Sie, dass die Pandemie dazu beiträgt, das Image des Gebäudereiniger-Handwerks in der öffentlichen Wahrnehmung nachhaltig zu verbessern? 68 Prozent der Umfrageteilnehmer antworteten darauf mit ja, lediglich ein Fünftel glaubt nicht an eine nachhaltige Imagesteigerung.

Anspruch an den Dienstleister ­verändert sich

Was Corona definitiv mit sich gebracht hat, ist eine Veränderung der Arbeitsrealität, auf die sich auch die Branche wird einstellen müssen: "Unter anderem der zunehmende Trend zu Homeoffice-Tagen und die Verdichtung von Arbeitsflächen führt zu einem veränderten Anspruch an Gebäudedienstleister. Die Bedeutung der Beraterrolle und die Rolle als Innovator nehmen zu", kommentiert ein Umfrageteilnehmer. Eine weitere Meinung dazu: "Die größte Herausforderung für die Branche ist die Transformation sowohl der Mitarbeitenden als auch der Kunden dahingehend, neue Ideen zu akzeptieren, diese ohne Vorbehalte zu testen und danach auch zu skalieren. Kurzum: Raum für kontinuierliche Veränderung zu schaffen."

Die Top-Ausbildungsbetriebe

So bilden die Betriebe aus (Stand Juli 2021). Die Zahlen beziehen sich auf Auszubildende in der Gebäudereinigung.

  • Unternehmensgruppe Gegenbauer: 105
  • Piepenbrock Unternehmensgruppe: 60
  • Niederberger Gruppe: 40
  • Bockholdt: 39
  • Wisag Facility Service: 37
  • Klüh Service Management: 30
  • Stölting Service: 27
  • Wackler: 19
  • Dussmann: 15
  • Gies Dienstleistungen: 14
  • Dorfner: 13
  • GRG Services Berlin: 13
  • Spiegelblank Reinigungsunternehmen Heinz Kuhnert: 12
  • Schulz Gebäudeservice: 12
  • Breer Gebäudedienste: 12
  • Hectas Facility Services: 10
  • 3B Dienstleistung Deutschland: 10
  • Bogdol: 9
  • Veolia Gebäudeservice Deutschland: 9
  • Kleine Reinigungs- und Dienstleistungsgesellschaft: 8

Ein Thema, das in diesem Kontext eine zunehmend wichtigere Rolle spielen wird, ist Daytime Cleaning. Bereits seit Jahren ist die Branche bestrebt, den Anteil der Tagreinigung zu erhöhen. Insofern wollten wir wissen, ob gerade die Veränderungen in puncto Arbeitsweisen/-zeiten während der Pandemie zu einem Katalysator für das Thema Daytime Cleaning werden könnten? Das ernüchternde Ergebnis: Lediglich zehn Prozent der Befragten gabenan, dass Corona bisher zu einer Steigerung der Tagreinigung geführt hat, bei 74 Prozent blieb der Anteil unverändert.

Ganz oben auf der Liste: Investition in Software und ­Digitalisierung

Unbestritten ist: Viele Dienstleister hattenim vergangenen Jahr alle Hände voll zu tun, finanziell einigermaßen unbeschadet durch die Krise zu kommen. Dies hat offensichtlich auch zu einem Investitionsstau geführt, der sich nun langsam aufzulösen scheint: So gaben 82 Prozent der Befragtenan, noch 2021 Investitionen tätigen zu wollen. Zum Vergleich: Bei der letztjährigen Umfrage hatte dies gerade einmal die Hälfte der Unternehmen vor.

Ganz oben auf der Liste steht dabei das Thema Softwarebeziehungsweise Digitalisierung – und zwar bei über 90 Prozent der investitionsbereiten Betriebe. Jeweils etwas über 70 Prozent haben zudem vor, in konventionelle Reinigungsmaschinen sowie Equipment zu investieren (Mehrfachnennungen waren möglich) und immerhin knapp 40 Prozent planen konkrete Investitionen in die Robotikbeziehungsweise in autonome Reinigungsmaschinen.

Stichwort Robotik: Zwar stellen die Hersteller den Dienstleistern durch den Einsatz entsprechender Geräte viele Vorteile in Aussicht; die Investitionskosten für autonome Reinigungstechnik sind jedoch nicht unerheblich. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage, obbeziehungsweise wie schnell sich auf Robotik basierende Reinigungskonzepte tatsächlich rechnen. Darüber hinaus steht bei diesem Thema nach wie vor die vermeintliche Angst im Raum, die Roboter würden den Reinigungskräften ihre Arbeit streitig machen. Letzteres ist angesichts der bereits angesprochenen, sich weiter verschärfenden Personalnot in vielen Unternehmen eher nicht zu befürchten. Vielmehr geht es bei den heute propagierten Konzepten in erster Linie darum, eine ideale Zusammenarbeit respektive ­Arbeitsteilung von Mensch und Maschine zu realisieren.

Konkret nach dem Einsatz von Robotik befragt, gaben immerhin 18 der 98 der befragten Unternehmen (18,4 Prozent) an, bereits auf Robotik basierende/autonome Systeme im Praxiseinsatz zu haben. Weitere 47 Prozent halten entsprechende Ansätze grundsätzlich für interessant; allerdings sind verfügbare Lösungen in ihren Augen Stand heute technisch noch nicht ausgereift genug oder wirtschaftlich nicht darstellbar. 20 Prozent beobachten den Trend aufmerksam, sehen jedoch momentan keine Notwendigkeit für den Einsatz von Robotik. Nur sieben Prozent haben sich damit noch gar nicht beschäftigt.

Der aktuelle Branchenspiegel mit weiteren Informationen und dem Ranking der Teilnehmer steht auf www.rationell-reinigen.de in der Rubrik Downloads zum Herunterladen bereit. Hier geht es direkt zum Download .

  Günter Herkommer | guenter.herkommer@holzmann-medien.de