Vergaberecht − damit Sie Bescheid wissen! Warum so günstig?

»Bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten muss der Auftraggeber nachfragen.«Lothar Wionzeck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht. Bild: AutorIn einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 31. Januar 2017 geht um § 60 der Vergabeverordnung. Darin wird der Umgang der AG mit „ungewöhnlich niedrigen Angeboten“ geregelt: Bei Preisen, die ungewöhnlich niedrig erscheinen, muss der AG vom Bieter Aufklärung verlangen. Er hat die Zusammensetzung des Angebotes zu prüfen. Wenn der AG die geringe Höhe des Preises nicht zufriedenstellend aufklären kann, darf er den Zuschlag ablehnen. In der Praxis bekommt aber immer wieder der „billige Jakob“ den Auftrag ohne nähere Prüfung, da der AG ein ökonomisches Interesse an billigen Preisen hat. Vergaberechtlich war leider hier an diesem Missstand nichts zu machen, da die Mehrheit der Vergabesenate in der Norm des § 60 VgV keine sogenannte „bieterschützende“ Norm sah. Die Norm diene nur dem Schutz der Vergabestellen und nicht den Bietern. Man kam inhaltlich gar nicht zur Preisprüfung, weil Nachprüfungsverfahren schon formell endeten mit dem Hinweis, der Antrag sei wegen fehlenden Bieterschutzes nicht zulässig. Jetzt hat der BGH mit obigem Beschluss dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben. Der BGH hat klar geurteilt, dass der Bieter Anspruch auf Aufklärung hat und somit die Norm bieterschützend sei. „Geschützt wird vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EUGH das Interesse des Anbieters am Auftrag insofern, als er, dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs vergleichbar, verlangen kann, dass sein Angebot nicht ohne den Versuch der vorherigen Aufklärung der aufgekommenen Fragen und Ausräumung entstandener Bedenken aus der Wertung genommen wird“, so wörtlich der BGH. Auf die Beachtung der Vorgaben des § 60 VgV können sich grundsätzlich auch die anderen Teilnehmer am Vergabeverfahren berufen, der Anspruch ist darauf gerichtet, dass der AG die vorgesehene Prüfung vornimmt. Durch diese Änderung der Rechtsprechung wird die Praxis sich ändern. Lothar Wionzeck | rae.wionzeck@t-online.de Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht Lothar Wionzeck ist durch Beratervertrag mit dem BIV verbunden und spezialisiert aufs Vergaberecht. Er vertritt speziell Firmen aus der Gebäudereinigung und dabei ausschließlich Bieter, keine ausschreibenden Stellen.