Feuchtsalzstreuung Schonend und Zeit sparend

Auftauendes oder abstumpfendes Streugut – der Verantwortliche für den Winterdienst muss genau abwägen, welches Streugut er einsetzt. Streusalz dabei gänzlich zu verbannen, ist nicht der richtige Weg. Dennoch steht die Ökologie auch beim Winterdienst stark im Fokus.

Auf öffentlichen Gehwegen greift die Verkehrssicherungsspflicht der Gemeinden. - © Chemo

Schonend und Zeit sparend

-Der Winterdienst ist aufzuteilen in verschiedene Abschnitte. Es gilt, den Themen Winterglätte, Glättebekämpfung und feste Streustoffe einen breiten Raum zu widmen. Aufgrund der Landesstaßengesetze besteht für die Gemeinden innerhalb der geschlossenen Ortslage keine generelle Streupflicht. Eine solche gilt in der Regel für gefährliche, unübersichtliche Stellen, für Einmündungen und Kurven und Kreuzungen. Gegen Straßenglätte muss bei der Verkehrsdichte wegen der Verkehrssicherheit etwas unternommen werden. Straßenglätte ist weitaus gefährlicher als Schnee auf den Fahrbahnen. Bei Glätte kommt der Verkehr jedoch gänzlich zum Erliegen. Es gibt vier Arten von Winterglätte:

  • Schneeglätte: Sie entsteht, wenn Schnee auf der Fahrbahn durch den rollenden Verkehr stark verdichtet wird; durch das Festfahren, Festtreten einer Schneedecke oder durch Gefrieren von Schneematsch.
  • Glatteis: Bildet sich durch Niederschlag auf die unterkühlte Fahrbahn. Es entsteht dabei eine gleichmäßige glatte Eisschicht. Auf einer nassen Fahrbahn entsteht Glatteis, wenn die Gefriergrenze unterschritten wird. Das ist häufig bei nächtlicher Aufklarung und bei Kaltlufteinbrüchen der Fall. Maßgebend für diese Art der Glatteisbildung sind Nässe auf der Fahrbahnoberfläche und die Temperatur.
  • Eisglätte: Sie entsteht durch Gefrieren von Pfützen, Tropf- und Schmelzwasser, das ist gleichbedeutend mit dem häufig gebrauchten Ausdruck „überfrierende Nässe“.
  • Reifglätte: Reif entsteht durch Kristallisation von Luftfeuchtigkeit auf trockenen und unterkühlten Fahrbahnen; weiterhin, wenn warme, feuchte Luft über eine Fahrbahn streicht, deren Temperatur unter dem Gefrierpunkt liegt. Die Feuchtigkeit bildet auf der kalten Fahrbahnoberfläche kleine Eiskristalle, ohne dass es zuvor zu einer Benetzung kommt. Diese Glätte entsteht bei Warmlufteinbruch nach trockener Kälteperiode. Maßgebliche Faktoren für die Reifbildung sind die Temperaturen der Fahrbahnoberfläche, der Luft und die relative Luftfeuchtigkeit.

Eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Entstehung von Fahrbahnglätte kommt der Art des Fahrbahnbelages zu. ZuBeginn der Winterperioden neigen Bitumenfahrbahndecken mehr zu Glättebildung als Zementbetondecken, während es zu Ende des Winters meist umgekehrt ist. Die Ursache dafür ist, dass bei einer Bitumendecke ein schneller Wärmeaustausch mit dem Unterbau stattfindet, während die Zementbetondecke die Wärme bzw. die Kälte länger speichert. Auch die dunkle Farbe der Bitumendecken, durch die sie sich bei Sonnenbestrahlung schneller erwärmen, spielt eine Rolle. Durch verschiedenartige Fahrbahnbeläge einer Straße überraschen verschiedene Griffigkeitswerte den Kraftfahrer. Im Winter kann sich Glätte unterschiedlich ausbilden: an Flussläufen, Waldstücken, schattigen Stellen, auf frei- und höherliegenden Abschnitten, die dem Wind ausgesetzt sind, besonders aber auf Brücken, weil hier die Abkühlung schneller erfolgt durch das darunter fließende Gewässer.

Salz wurde schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts als Auftaustoff in Großstädten zur Freihaltung von Weichen und Kreuzungen der Straßenbahnen benutzt. Man kannte damals das sogenannte Viehsalz, ein denaturiertes Stein- oder Siedesalz, welches mit Erfolg vor Vereisungen schützte. Der Gedanke, Salz auch auf den Fahrbahnen zur Glättebekämpfung einzusetzen, kam erstmals während des strengen Winters 1929/1930, als der Verkehr völlig zum Erliegen kam. Heute ist es notwendig, auf die schädigende Wirkung von Salz auf die Umwelt hinzuweisen, die vorwiegend in falscher Anwendung begründet ist. Dies ist vornehmlich im privaten Bereich auf Gehwegen festzustellen, da es hier keine automatischen Streugeräte und keine dosierte Ausbringung gibt. Städte machen heute noch den Fehler, dass Taustoffe auf frischgefallenen Schnee gestreut oder noch veraltete Geräte ohne Dosiereinrichtungen verwendet werden. Bei übermäßigem Einsatz oder zu starker Konzentration ergeben sich zudem nachteilige Auswirkungen am Straßenbegleitgrün, Schäden an Zementbetondecken, Schäden an schadhaften Fahrbahnabdichtungen, erhöhte Korrosion an Kraftfahrzeugen ohne Unterbodenschutz und Lackschäden.

Als abstumpfende Stoffe werden eingesetzt: Sand, Kies, Splitt, Asche, Schlacke, Granulat. Die zu verwendende Korngröße richtet sich nach dem Straßenzustand. Feste Schneedecken werden bevorzugt mit gröberem Korn, vereiste Fahrbahnen dagegen mit feinkörnigen Mitteln abgestumpft. Die Wirkung von abstumpfenden Stoffen ist nur gering. Abstumpfende Stoffe werden auf stark und schnell befahrenden Straßen vom Verkehr auf angrenzende Flächen geschleudert. Sie verstopfen Entwässerungsanlagen, Einlaufschächte, die Fahrbahnmarkierungen werden vorzeitig verschlissen durch die schmirgelnde Wirkung der Splittkörner. Die Erhöhung der Streugutmenge erhöht die Wirkung von abstumpfenden Stoffen. Wirksames Splitten benötigt große Mengen an Material. Die Beschaffung, Einlagerung und Ausbringung der abstumpfenden Stoffe ist im Vergleich zu Auftaumitteln aufwendiger und teuer. Im Frühjahr wird eine teure Fahrbahnreinigung notwendig. Splitt erfordert öfteres Nachstreuen, da schneller fahrende Fahrzeuge diesen an den Straßenrand schleudern, und ist daher arbeitsintensiver als Salz.

Eine wesentliche Verbesserung des Winterdienstes konnte durch den Einsatz von Feuchtsalz erzielt werden. Unter diesem Begriff versteht man, unmittelbar vor Streuung mit einer Salzlösung angefeuchtetes Natriumchlorid. Mit dieser Lösung erreicht man hinsichtlich Haftvermögen und Wirkungsdauer des Streusalzes den besten Einsatzzweck. Im Normalfall reicht eine 20-prozentige Lösung aus. Während die Wirkungsdauer des Trockensalzes auf trockener Fahrbahn durch Wind und Verkehrsverhältnisse stark beeinträchtigt wird, kann die Langzeitwirkung des Feuchtsalzes je nach Wetterlage bis zwölf Stunden und mehr betragen. Zur Ausbringung benötigt man ein Streugerät mit Feuchtsalzanlage, eine Einrichtung zur Soleaufbereitung sowie einen Lagertank. Wann mit Feuchtsalz gearbeitet werden soll, hängt weitgehend von den Umständen ab. Feuchtsalz wirkt sich weniger umweltschädlich aus als Trockensalz, da mit geringerem Taumitteleinsatz ein länger anhaltender Erfolg erzielt wird. Man unterscheidet zwischen Feuchtsalz „5“ und Feuchtsalz „30“. Wir verwenden Feuchtsalz „30“, d.h., dass man die auf dem Streufahrzeug in einem Tank mitgeführte Sole im Augenblick des Ausstreuens auf das Salz sprüht. Man benötigt etwa 30 Prozent Flüssigkeit mit dem Verfahren, damit das Salz sofort so klebrig wird, so dass es auf der Fahrbahn haftet. Wir haben mit Feuchtsalz „30“ deshalb gute Erfahrungen gemacht, da mit diesem System wahlweise von Trocken- auf Feuchtsalzstreuung umgestellt werden kann. Die modernen Streugeräte verfügen über eine Drei-Stufen-Schaltung, welche die Trockensalzmenge von 10 g/m² automatisch auf 6,8 g/m² reduziert, wenn die Flüssigkeitszugabe ausgelöst wird. Die Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen hat bei Streuversuchen mit Feuchtsalz Salzeinsparungen zwischen 34 und 59 Prozent festgestellt. Durch den schneller einsetzenden Auftauvorgang wurde der Streueinsatz an kritischen Stellen des Straßennetzes erhöht. Alsbesonders günstiger Effekt wäre noch die spontane Anfangstauwirkung zu erwähnen. Sehr vorteilhaft ist, dass Feuchtsalzausrüstungen auf vorhandene wegeabhängige Aufsatz-Streuautomaten auf Lkw- und Unimog-Fahrzeuge nachgerüstet werden können. Wir haben nachgerüstet auf Lkw der Marke Daimler-Benz 1617 und 1622 und auf Unimog U 1000 und U 1200. Wir meinen, dass unter den allseits bekannten Streumitteln, Streustoffen und Streuarten das System der Feuchtsalzstreuung in unseren Städten und Gemeinden mehr angewandt werden sollte als bisher. Dies nicht zuletzt deswegen, um den Forderungen des Umweltschutzes und der Sparsamkeit wieder einen Schritt näher zu kommen.

Mit steigendem Umweltbewusstsein ist vermehrt zwischen Verkehrssicherheit und Umweltschutz abzuwägen. Die Aufrechterhaltung des fließenden Verkehrs brachte die Städte und Gemeinden dazu, die Winterdienst-Organisation auszubauen und von abstumpfenden immer mehr zu schnee- und eislösenden Stoffen überzugehen. Trotzdem ist der vielzitierte Satz ernst zu nehmen: „So viel Salz wie nötig, so wenig wie möglich!“ Ziel der Winterdienst-Maßnahmen ist es nicht, den Verkehr, sondern die negativen Folgen durch Schnee und Eis für diesen so gering wie möglich zu halten. Die Streupflicht im Winter stößt auf zwei Rechtsbereiche: das Zivil- und das öffentliche Recht. Zivilrechtlich ergibt sich die Verpflichtung aus der Verkehrssicherungspflicht. Die schuldhafte Verletzung hat Schadensersatzpflicht nach BGB § 823 zur Folge. Nach dem öffentlichen Recht haftet die Gemeinde gemäß der Räum- und Streupflicht nach den Ländergesetzen. Auf Gehwegen ist die Streupflicht meist gemäß Gemeindeverordnung auf die Anlieger abgewälzt; für öffentliche Gehwege haften jedoch Kommunen ebenso wie private Anlieger.

Künftig wird also der Winterdienst-Verantworliche mehr als in der Vergangenheit abwägen müssen, welches Streumittel er für seinen Einsatzort, für diese oder jene Straße anwendet. Seit über 20 Jahren wird Streusalz in Deutschland eingesetzt. So lange es Streusalz gibt, gibt es Schäden am Staßenbegleitgrün, den Bäumen und Sträuchern. Man darf zum derzeitigen Zeitpunkt das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Man muss vielmehr einen Kompromiss finden und als Kompromiss gegenüber einer Maximalforderung, gänzlich auf Streusalz aus ökologischer Sicht zu verzichten, kann nur eine kräftige Reduzierung des Streusalzverbrauches angesehen werden.

Die Streumengen müssen ebenso wie die Länge des mit Streusalz zu bestreuenden Straßennetzes reduziert werden. Neue Methoden müssen genutzt werden. Feuchtsalz muss noch mehr eingesetzt werden. Im Stadtzentrum, im Bereich von Bäumen, muss vielleicht Bodenaustausch vorgenommen werden. Wir wissen ja, dass bei der Größe der Salzschäden ebenso die Bodenart wichtig ist. So wird beispielsweise in Lehmböden Salz in geringerem Maße ausgewaschen als in durchlässigen Sandböden. Bekannt ist auch, dass je nach Standort die Schadenursachen am Staßenbegleitgrün unterschiedlich sind. Man muss salzresistente Gehölzer pflanzen; man muss eventuell ein Verbot der Gehwegstreuung mit Salz erlassen. Alles in allem, der Winterdienst muss ökologisch orientiert werden. Liest man aufmerksam die Streusalzberichte des Umweltbundesamtes und vergleicht den Bericht 1 mit dem Bericht 2 über die getroffenen Aussagen über die Praxis des Winterdienstes in Städten und Gemeinden, so stellt man fest:

  • Der Salzverbrauch ist erheblich eingeschränkt worden.
  • Die Zahl der Städte, die ein Salzverbot auf Gehwegen erlassen haben, steigt.
  • In reinen Wohngebieten wird häufig Nullstreuung praktiziert.
  • Die Zahl der Streuvorgänge ist reduziert worden.
  • Die Salzmenge überschreitet nur in seltenen Fällen noch 10 g/m2.
  • Der Räumung wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
  • Feuchtsalzstreuung wird häufiger praktiziert.
  • Moderne Streugeräte werden vermehrt eingesetzt.

Festgehalten werden kann, dass Bund, Länder, Städte und Gemeinden an ihren Hauptstraßen wieder vermehrt den Streustoff Auftausalz verwenden. Dank der Dosiergenauigkeit der modernen Streugeräte ist gewährleistet, dass vorsichtig umgegangen wird. Es ist auch im Sinne einer funktionierenden Volkswirtschaft, wenn die Verkehrswege bei Winterglätte noch befahrbar sind.