Reinigung von Photovoltaikanlagen Reaktionen auf Fachbeitrag

In unserer Juni-Ausgabe haben wir unter dem Titel „Photovoltaikanlagen schadensfrei und fachgerecht reinigen: Sensible Oberfläche verlangt besondere Reinigungsverfahren“ einen Beitrag veröffentlicht, auf den wir kritische Reaktionen aus der Industrie erhalten haben. Diese fassen wir nachfolgend zusammen.Autor des in der Juni-Ausgabe auf Seite 43 veröffentlichten Fachbeitrags ist Michael Mattstedt, Inhaber des Unternehmens Ökologische Solarreinigung in Alling (www.solarreinigung.com). Einigen der im Beitrag getroffenen Aussagen hinsichtlich einer „sanften Reinigung“ von Photovoltaikanlagen widersprechen Marktteilnehmer in Zuschriften, die die Redaktion erreicht haben. Dabei geht es im Kern um die beiden Themen Reinigung mit entmineralisiertem Wasser und Reinigung mit Rotationsbürsten. Entmineralisiertes WasserUnter anderem rät der Autor von der Verwendung von entmineralisiertem Wasser als „riskanter Reinigungsmethode“ ab. Zwei Kritiker des Beitrags – Lothar Seidler von Reinline, Dietmar Bernstein von Unger – verweisen jedoch auf eine Projektarbeit an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, die 2010 unter dem Titel „Auswirkung von deionisiertem Wasser auf PV-Module“ zu folgendem Fazit kommt: „... Die Glanzmessung und die Messung der Schichtdicke des Eloxals zeigen keine erkennbaren Trends zu einer Veränderung auf. Unter den hier beschriebenen Versuchsbedingungen konnten also keine nennenswerten negativen Veränderungen an den Oberflächen der untersuchten PV-Module festgestellt werden. Daraus lässt sich als Schlussfolgerung ableiten, dass unter Praxisbedingungen und bei der hier vorgenommenen Reinigungshäufigkeit keine negativen Folgen durch die Verwendung von deionisiertem Wasser zur Reinigung von PV-Modulen mit Eloxalrahmen zu erwarten sind. Dietmar Bernstein (Unger) verweist zudem auf Hersteller von PV-Modulen wie Yingli Solar oder SiG Solar. Diese „warnen in ihren Betriebsanleitungen vor dem Einsatz von stark mineralhaltigem beziehungsweise kalkhaltigem Wasser bei der Reinigung oder schreiben wie Bosch Solar kalkfreies Wasser vor.“ Auch Hanns Joachim Supthut von Karlhans Lehmann verweist in diesem Zusammenhang auf Hersteller von PV-Modulen wie Trina Solar, Yingli Green Energy und Canadian Solar. Diese „haben entmineralisiertes Wasser für die fachmännische Reinigung von PV-Anlagen offiziell freigegeben, da es Modulkomponenten nicht angreift.“ Simon Edel von Milk the Sun widerspricht ebenfalls den im Beitrag getroffenen Aussagen zu entmineralisiertem Wasser und betont, dass „viele professionelle und zertifizierte Reinigungsunternehmen (so auch Milk the Sun mit seinen Partnern) seit Jahren erfolgreich auf entmineralisiertes Wasser setzen“ und verweist hierzu auf eine eigene Studie zur Reinigung von Freiflächenphotovoltaikanlagen (www.milkthesun.com/de/reinigungsstudie). Und Linda Schrödter von Kärcher stellt fest, dass „Solaranlagen im Durchschnitt etwa zwei Mal jährlich gereinigt werden – bei den langen Intervallen stellt sich der beschriebene Effekt, dass das (entmineralisierte) Wasser sich die Mineralstoffe zurückholt, nicht ein. Bei einer Laufzeit der Anlage von 20 Jahren wird man daher keine Schäden aus dieser Ursache heraus feststellen.“ Last, but not least merkt Günter Haug von Soltalux an: „Meiner Meinung nach sollten in einem derartigen Artikel auch andere Ansichten Gehör finden, wie es beispielsweise Joule (Fachzeitschrift, die inzwischen in der Publikation „agrarheute“ aufgegangen ist, Anm. d. Red.) in der Ausgabe 3/16 gemacht hat.“ Soltalux setze bei der PV-Anlagenreinigung in aller Regel ein Reinigungsmittel ein. „Testreinigungen auf unseren eigenen PV-Anlagen haben ergeben, dass vor allem im landwirtschaftlichen Bereich die auf den Modulen abgelagerten Biofilme offensichtlich nicht vollständig entfernt werden, wenn sie nur mit entmineralisiertem Wasser gereinigt werden. Denn die Wiederverschmutzung ging deutlich schneller voran, wenn nur mit entmineralisiertem Wasser ohne Reiniger gereinigt wurde“, erläutert Haug. Bei den eingesetzten Reinigungsmitteln handele es sich um spezielle Produkte für die PV-Reinigung, „die zu 100 Prozent biologisch abbaubar sind“, bestätigt vom „Institut für Siedlungswasserbau, Abfallgüte und Wasserwirtschaft der Universität Stuttgart“. Rotationsbürsten sind bei fachgerechter Anwendung kein RisikoNeben entmineralisiertem Wasser wird im Beitrag auch der Einsatz von Rotationsbürsten als „riskante Reinigungsmethode“ bezeichnet, die zu „Verletzungen der oberen Glasschichten“ führen kann. Diese Aussage, führt Hanns Joachim Supthut aus, widerspreche „der offiziellen Meinung und Einschätzung von Solar-Modul-Herstellern. So wurde die fachgerechte Nassanwendung von rotierenden Walzenbürsten mit nicht splitternden Borsten für die fachmännische Reinigung von PV-Anlagen offiziell freigegeben und als risikolos eingestuft.“ Auch Linda Schrödter (Kärcher) stellt fest, dass andere Reinigungsmethoden als die vom Autor empfohlenen, „vielfach am Markt erfolgreich verwendet werden.“ So hat die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) Kärchers rotierende Waschbürsten geprüft und kommt zu folgendem Ergebnis: „Das Photovoltaik-Reinigungssystem vom Typ iSolar 800 hat den DLG-FokusTest ,Reinigungswirkung und Handhabung‘ bestanden. Aufgrund der Testergebnisse ist das Reinigungssystem zur Reinigung von Photovoltaik-Anlagen vorzugsweise in landwirtschaftlicher Umgebung grundsätzlich geeignet.“ Des Weiteren stellt Schrödter für Kärchers System klar: „Es kommt dabei eine sehr hohe Wassermenge zum Einsatz. So ist die Schwemmwirkung sehr gut und der Schmutz wird abtransportiert. Dank der hohen Wassermenge gleitet die Bürste über die zu reinigende Oberfläche. Die Bürsten sind so konzipiert, dass Spritzwasser entsteht, das die umliegende Oberfläche schon benetzt und einweicht, bevor die Bürste dort eingesetzt wird. Darüber hinaus kommt in der Regel weiches Bürstenmaterial zum Einsatz, um das Risiko von Kratzern so gering wie möglich zu halten.“ Auch der Feststellung des Autors, Reinigungschemie sei unerwünscht, widerspricht Schrödter: „Der Einsatz von Reinigungsmittel ist in der Einschrittmethode unbedenklich – das Reinigungsmittel trocknet nicht an. Reinigungsmittel für die Solarreinigung besitzt darüber hinaus oftmals Eigenschaften, die den Wasserfilm aufreißen lassen (ähnlich einer Trocknungshilfe bei der Autowäsche). So wird flächendeckendes Antrocknen verhindert.“ Stellungnahme des AutorsMichael Mattstedt, Autor des Beitrags, hat ebenfalls nochmal Stellung zur Kritik an seinen Aussagen genommen: „PV-Module sind bei Beauftragung eines Reinigungsunternehmens deutlich bis extrem verschmutzt, also besteht unabhängig von der Reinigungsmethode immer ein erhöhtes Verkratzungsrisiko. Dies betrifft auch die Verwendung handgeführter Reinigungsgeräte mit Bürstenköpfen aus gesplissten Borsten und zu geringer Steifigkeit. Der verantwortungsvolle Fachbetrieb wird also immer eine besondere Vorsicht walten lassen.“ Des Weiteren zitiert Mattstedt den Glashersteller Interpane mit folgender Aussage: „Wir sind von solch gravierenden Verschmutzungen gar nie ausgegangen. Diese Solargläser schadensfrei zu reinigen ist eine Kunst.“ Beim Thema Rotationsbürsten kommt Mattstedt zu dem Schluss: „Dem umsichtigen Reinigungsfachbetrieb sollte zumindest bewusst sein, dass keine Freigabe eines Reinigungsgerätes ihn vor Bearbeitungsschäden bewahren kann und auch seiner Verantwortung und Haftung nicht entbindet.“ Mattstedt abschließend: „Noch vor wenigen Jahren wurden Photovoltaikmodule mit der zugesicherten Produkteigenschaft einer Selbstreinigung verkauft. Es war ehernes Gesetz, dass PV-Module nie gereinigt werden müssen. Nun wurden genau diese Hersteller von der Realität eingeholt und geben Kraft ihrer Autorität sich widersprechende Reinigungsempfehlungen, denen die Branche abermals auf den Leim zu gehen scheint.“ Er empfiehlt: „Vergleichen Sie einfach die unterschiedlichen Reinigungsvorgaben, beschäftigen Sie sich mit diesem Thema und treffen Sie für sich eine Entscheidung. Denn als ausführende Dienstleister stehen wir bei unseren Kunden mit unseren Reinigungsergebnissen fachlich, moralisch und wirtschaftlich in der Verantwortung.“ Richtig oder falsch? Das hängt vom Einzelfall abBei rationell reinigen sind wir stets bestrebt, die ganze Bandbreite an möglichen Lösungen, technischen Hilfsmitteln und Herangehensweisen an Reinigungsprobleme aller Art aufzuzeigen (siehe hierzu auch die August-Ausgabe, Seite 29: „Solaranlagenreinigung in Jordanien: Halbautomatisch von Wüstensand befreit“). Im Falle des kritisierten Beitrags handelt es sich um einen Autorenbeitrag, in dem Michael Mattstedt aus seiner Praxis berichtet und seine Erfahrungen mit der Reinigung von PV-Anlagen darlegt. Wir wollen weder die Ausführungen von Michael Mattstedt noch die der erwähnten Kritiker des Beitrags abschließend werten. Sicher scheint nur, die Reinigungsmethode hängt maßgeblich von den äußeren Bedingungen ab, der Verschmutzung und der notwendigen Reinigungshäufigkeit. Was in dem einen Fall richtig ist, muss nicht unbedingt für einen anderen Auftrag gelten. Die Reinigungsmethode kann von Fall zu Fall variieren und muss nach bestem Wissen und Gewissen für den konkreten Fall ermittelt werden. Eines ist sicher: Ziel aller Beteiligten dabei, sowohl der Hersteller von Reinigungsequipment als auch der ausführenden Reinigungsunternehmen, ist ein zufriedener Kunde. Ist dies der Fall, dann wurde alles richtig gemacht. Markus J. Targiel markus.targiel@holzmann-medien.de