Elektromobilität in der Gebäudereinigung Mit umweltfreundlicher Logistik bei den Kunden punkten

Elektrofahrzeuge können in der Gebäudereinigung erfolgreich als umweltfreundliche und kostengünstige Transportmittel eingesetzt werden, zumal E-Autos der jüngsten Generation mit einer Batterieladung mehr als 200 Kilometer zurücklegen können. Die Fahrzeuge sollten stets im Hinblick auf auftragsspezifische Erfordernisse wie zum Beispiel die Tagesstrecke und die maximale Nutzlast ausgewählt werden.Vor wenigen Wochen wurde Matthias Bähr in der Handwerkskammer Dresden eine Urkunde überreicht, die ihn als Berater für Elektromobilität (HWK) ausweist. Seitdem berät der Gebäudereinigermeister und Geschäftsführer der AEDES Dienstleistungen in Dresden Unternehmer, die ihren Fuhrpark auf E-Fahrzeuge umstellen möchten: „Ich erarbeite Fuhrparkanalysen, untersuche die Standortbedingungen und falls es aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, schlage ich für das jeweilige Unternehmensprofil geeignete Autotypen mit Elektroantrieb vor“, erklärt Matthias Bähr. Er selbst begann bereits kurz nach der Gründung eines eigenen Betriebs im Jahr 2000, die ersten Elektrofahrzeuge einzusetzen. „Als 2001 die zweite Stufe der Ökosteuer eingeführt wurde, betrugen die Kosten für die Logistik schon sechs bis zehn Prozent des Umsatzes. Deshalb musste ich überlegen, ob und wie sich unter den neuen Bedingungen eine Kostensteigerung vermeiden lässt“, erinnert sich der Unternehmer. Er konnte sich durchaus eine Umstellung seines Fuhrparks auf Elektromobilität vorstellen. Fraglich war allerdings, ob E-Fahrzeuge trotz ihrer begrenzten Reichweite den Anforderungen in seinem Betrieb gerecht werden könnten. „Um diese Frage zu klären, erfasste ich sämtliche Daten aus meinen Fahrtenbüchern in einer Excelübersicht. Ich staunte nicht schlecht, dass sich eine durchschnittliche Tagesstrecke von nur 43 Kilometern pro Fahrzeug ergab“, berichtet Matthias Bähr. Diese Reichweite war nach dem damaligen technischen Standard problemlos mit einem Elektrofahrzeug zu bewältigen. Auf detaillierte Anfragen an verschiedene Händler in ganz Deutschland antwortete allerdings nur ein Autohändler aus Konstanz am Bodensee. „Die Fahrzeuge, die mir dieser Händler anbot, waren für einen Einsatz in unserem Betrieb leider nicht geeignet“, räumt der Unternehmer ein. Mehr Glück hatte er in der Schweiz. Dort wurde ein preisgünstiger „Volta“ (Hersteller: „Société Européenne des Electromobiles Rochelaises“) angeboten, den der Unternehmer erwarb und als erstes Elektrofahrzeug in seinem Betrieb einsetzte. Die Testphase war erfolgreich und nach der Umstrukturierung der „Bähr Dienstleistungen“ in die „AEDES Dienstleistungen“ investierte der Unternehmer in weitere Elektroautos. Am Anfang steht immer die AuftragsanalyseNach 15-jährigem Einsatz kennt der Gebäudereinigermeister die Vorteile, aber auch die Grenzen von E-Fahrzeugen aus dem Effeff. Allen Unkenrufen zum Trotz ist er überzeugt, dass Elektromobilität perspektivisch die einzige Lösung für nachhaltige Logistik ist. „Die Mineralölvorräte, bisher die Hauptenergiequelle, werden in rund 40 Jahren erschöpft sein. Falls die chinesische Wirtschaft so rasant weiterwächst wie bisher, wird das Reich der Mitte schon in vier Jahren die gesamte Weltproduktion an Erdöl für sich allein benötigen“, befürchtet Matthias Bähr. Er fragt sich, wohin sich bei solch einer Prognose die Benzinpreise entwickeln werden. Weil auch Erdgas ein fossiler Erdgasträger ist und daher nicht unbegrenzt zur Verfügung steht, sind aus Sicht des Unternehmers erdgasbetriebene Fahrzeuge keine dauerhafte Alternative. „Elektrizität kann man hingegen sowohl aus Sonne als auch Wind und sogar aus Wasserkraft gewinnen“, stellt der Gebäudereinigermeister klar. Nachdem er zwölf Fahrzeuge verschiedener Typen unter unterschiedlichen Standortbedingungen getestet hatte, kam Matthias Bähr zum dem Schluss, dass die allgemeine Auffassung, E-Fahrzeuge seien aufgrund ihrer technischen Daten nicht für den gewerblichen Einsatz geeignet, nur in einem Fall gerechtfertigt war. Ein ernstzunehmendes Argument, das dagegen spricht, kann allerdings eine zu kostspielige Infrastruktur für die Energieversorgung sein. Nicht zuletzt deshalb müssen E-Fahrzeuge nach anderen Kriterien als mit Benzin oder Diesel betriebene Autos ausgewählt werden. „Zuerst muss der Auftrag, für den möglicherweise ein E-Fahrzeug eingesetzt werden soll, exakt analysiert werden“, unterstreicht Matthias Bähr. Soll zum Beispiel für ein großes Unternehmen der Postdienst übernommen werden, müssen die Strecke von der Abholung der Sendungen von der Post zum Kunden sowie sämtliche Verteilungswege innerhalb von dessen Unternehmen und schließlich die Fahrt zurück zum eigenen Betrieb berechnet werden. Ist die errechnete Tagesstrecke nicht länger als die mit einer Batteriefüllung mögliche Fahrleistung, kann ein elektrisch betriebenes Transportmittel eingesetzt werden. „Weil in E-Fahrzeugen viele in konventionellen Autos üblichen Baugruppen einfach nicht vorhanden sind, ist deren Wartungsaufwand erheblich geringer und somit kostengünstiger. Zudem entfallen die ASU und Ölwechsel“, sagt der Unternehmer. An allen seinen bisher eingesetzten E-Fahrzeugen sind bis heute keine technischen Probleme aufgetreten. Mit einer Reichweite von 200 Kilometern eine Schallmauer durchbrochenWer heute in E-Fahrzeuge investieren möchte, die dem Betriebsprofil gerecht werden, muss nicht mehr in die Schweiz fahren. „Seit etwa vier Jahren bietet auch der deutsche Markt eine zufriedenstellende Auswahl an E-Fahrzeugen an. Es stehen sogar preisgünstige Gebrauchtwagen zur Verfügung“, sagt Matthias Bähr. Gerade der Kauf eines E-Fahrzeugs aus zweiter Hand sei eine kostengünstige Chance für den Einstieg. „Es gibt nicht nur für Neuwagen attraktive Leasing- und Finanzierungsangebote, sondern mittlerweile auch für Gebrauchtwagen“, unterstreicht der Unternehmer. Zur Auswahl stehende Fahrzeuge müssen stets auf die auftragsspezifische Ladung sowie die Fahrstrecke abgestimmt werden. „E-Tankstellen sind noch ausgesprochen selten. Deshalb soll die Reichweite mindestens einer Tagestour entsprechen. Nach der Rückkehr in den Betrieb wird das Fahrzeug dann sieben bis acht Stunden aufgeladen“, erzählt der Gebäudereinigermeister. Weil auch die Heizung Strom verbraucht, muss zudem zwischen Sommer- und Winterreichweite unterschieden werden. Mittlerweile können die meisten E-Fahrzeuge der jüngeren Generation im Sommer 130 Kilometer, im Winter 70 bis 80 Kilometer mit einer Batterieladung zurücklegen. Diese Werte werden durch den Kia Soul EV, der erst voriges Jahr auf den Markt kam, um einiges getoppt: „Es war ein Glückstreffer, in dieses Fahrzeug zu investieren. Im Sommer erreicht es mit einer Batterieladung bis zu 210 Kilometer, im Winter 150 Kilometer“, freut sich der Unternehmer. Darüber hinaus kann die Batterie des innovativen Südkoreaners durch ein Schnellladesystem innerhalb von nur zwei Stunden zu 80 Prozent aufgeladen werden. „Der Weg nach Cottbus hat sich allemal gelohnt. Der Händler dort hat uns einen vierjährigen Leasingvertrag mit siebenjähriger Vollgarantie angeboten“, berichtet Matthias Bähr. Ganz ohne Kinderkrankheiten geht es noch nichtHeute umfasst die Flotte seines Betriebs elf Autos mit Benzinantrieb, eines mit Dieselmotor und vier E-Fahrzeuge. Unter Letzteren gehört außer dem Kia Soul EV ein Renault Fluence zu den jüngsten Investitionen. „In dieser Limousine fährt meine Ehefrau Silvia zur Kundschaft“, erzählt Matthias Bähr. Mit der Aufschrift „100 Prozent elektrisch“ auf dem Heckfenster punktet die Chefin bei den Auftraggebern: „Über das Thema Elektromobilität kommt meine Frau mit den Kunden sofort ins Gespräch. Und meistens verabschiedet sie sich mit einem neuen Auftrag“, berichtet der Unternehmer schmunzelnd. Leider hat sich der Renault Fluence auf dem Markt nicht durchgesetzt. Ab Sommer 2010 auch in Deutschland erhältlich, wurde bereits zwei Jahre später der Verkauf von Autos mit konventionellem Antrieb mangels Nachfrage eingestellt. Die E-Version wurde noch bis zum generellen Produktionsstopp Anfang 2014 angeboten. „Speziell für dieses Fahrzeug war ein Batteriewechselsystem entwickelt worden. Leider musste aber dessen Hersteller Insolvenz anmelden“, berichtet Matthias Bähr. Noch gibt es bei der Entwicklung leistungsfähiger E-Fahrzeuge Kinderkrankheiten zu überwinden. „Ein ganz wichtiges Thema ist die Erhöhung der Reichweite“, betont der Unternehmer. Durch die Entwicklung von E-Autos mit einer Reichweite von über 200 Kilometern habe Kia schon eine Schallmauer durchbrochen. Nissan habe bereits ein E-Fahrzeug mit 250 Kilometern Reichweite angekündigt und Tesla Motors hat sogar eine große Limousine entwickelt, den Tesla Model S, der mit einer Batterieaufladung 500 Kilometer zurücklegen kann. „Für mich ist es spannend zu erfahren, inwiefern dieses repräsentative Fahrzeug Einzug in die Geschäftsführerebenen halten wird“, gibt der Unternehmer zu. Eine saubere Umwelt ist Anliegen der BrancheAber auch auf anderen Gebieten ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten. So gibt es zum Beispiel noch keine größeren Transportfahrzeuge mit E-Antrieb in Großserie. „Bei den bisherigen Typen wie Renault Kangoo, Citroën Berlingo oder VW Caddy ist die Nutzlast auf 500 Kilogramm begrenzt. Auch fehlen noch E-Fahrzeuge mit Anhängerkupplung“, erwähnt Matthias Bähr einige Beispiele. Weitere Stolpersteine auf dem Weg zur elektrischen Mobilität seien Fehlentscheidungen bei den Herstellern. Die positiven Aspekte überwiegen indessen. So bietet zum Beispiel Renault ein Batteriemietsystem an. „Der Fahrzeugnutzer zahlt monatlich eine Miete. Sinkt die Leistung der Batterie, wird sie gegen eine neue ausgewechselt“, unterstreicht der Unternehmer. Auch die Entwicklung der Kaufpreise stimme optimistisch: „Ein Citroën C-Zero mit E-Antrieb kostete vor fünf Jahren noch 35.500 Euro. Heute bekommt man ihn schon für 17.800 Euro“, erwähnt der Unternehmer ein Beispiel. Aus der eigenen Erfahrung heraus ist er sicher, dass der Einsatz von E-Fahrzeugen Zukunft hat und diese unter anderem in Gebäudereinigerbetrieben ihren Platz finden werden. „Man darf die Fahrzeuge allerdings nicht blauäugig kaufen, sondern sollte sich von einem Experten beraten lassen. Auch ist eine Schnupperphase mit einem von den Stadtwerken oder einem Energieversorger gemieteten Testfahrzeug empfehlenswert“, unterstreicht Matthias Bähr. Beim gegenwärtigen Stand der Benzinpreise sei weniger eine Betriebskostenersparnis der entscheidende Faktor. Wohl aber eine saubere Umwelt, die ja traditionell ein besonderes Anliegen der Gebäudereinigerbranche sei. In der AEDES Dienstleistungen sind seit 2003 durch den Einsatz von E-Fahrzeugen immerhin 54 Tonnen Kohlendioxide-Emissionen vermieden worden. Reinhard Wylegalla | markus.targiel@holzmann-medien.de