Ein Wechsel des Arbeitgebers ist im Reinigungsgewerbe nicht unüblich. Im mittleren Management werden dabei mitunter gute Kunden mitgenommen und sollen von einem Anbieterwechsel überzeugt werden. Welche rechtlichen und organisatorischen Schutzmöglichkeiten bestehen.

Dass Dienstleister innovative Lösungen entwickeln und einsetzen, steht außer Frage. Zudem verfügt praktisch jeder Gebäudereiniger über Informationen, die nicht in fremde Hände fallen sollten – vor allem nicht in die Hände von Wettbewerbern. Manche Aufträge decken knapp die Kosten, während andere hohe, stabile Erlöse generieren. Der eine Kunde akzeptiert und zahlt seine Rechnungen zügig, während der andere bei der kleinsten Reklamation die Zahlung zurückhält. Aus dieser Perspektive wird klar, auf welche Kunden man durchaus verzichten könnte und welche im wortwörtlichen Sinne wertvoll für den Gebäudereiniger sind.
Wo Wertvolles vorhanden ist, sind Dritte nicht weit, die gerne an diese Werte kommen möchten. Die einfachste Möglichkeit ist die Übernahme von Mitarbeitern. Dass Wissen um die wertvollen Kundenbeziehungen zum neuen Arbeitgeber mitgenommen wird, gehört – auch wenn es meist nicht direkt ausgesprochen wird – vielfach zur Erwartungshaltung. Auch der Schritt in die Selbstständigkeit bisheriger Mitarbeiter birgt die Gefahr von Know-how-Abfluss.
Wie hoch das entstehende Risiko ist, wenn ein Mitarbeiter seinen bisherigen Arbeitgeber verlässt, hängt von zwei Faktoren ab:
- An erster Stelle stehen die Geschäftszahlen. Dass Gewinnmargen unterschiedlich sind, ist bekannt. Die meisten Gebäudereiniger verfügen über Ergebnisermittlungen je Auftrag und Kunde. Diese Aufstellungen sind im Buchhaltungssystem vorhanden. Damit ist eine detaillierte Auswertung meist auf Knopfdruck möglich und die entsprechenden Daten lassen sich in kürzester Zeit auf ein Speichermedium übertragen. Wie in den Unternehmen mit diesen Daten umgegangen wird, ist unterschiedlich: Der eine Betriebsleiter hütet diesen Schatz sorgfältig, der andere lässt seine Mitarbeiter darauf zugreifen.
- Das zweite Kriterium ist die Art der Kundenkontakte. Eine Reinigungskraft würde sich bei einem Wechsel des Arbeitgebers in der Regel schwertun, alte Kunden mit der Absicht einer Geschäftsanbahnung anzusprechen. Die Gefahr eines Know-how-Abflusses ist in einem solchen Fall eher gering. Verlässt hingegen ein Mitarbeiter die Firma, der beispielsweise in der Verwaltung oder auch im Vertrieb tätig ist und dementsprechend ständig direkten Kundenkontakt hat, ist das potenzielle Risiko um einiges höher.
Die gesetzliche Situation
Grundsätzlich sollte man sich darüber im Klaren sein: Keiner lässt bei einem Arbeitgeberwechsel sein Wissen zurück beziehungsweise kann oder soll es auf Knopfdruck löschen. Laut dem Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 18.01.2012 – 9 Ta 407/11) endet mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses die Pflicht des Arbeitnehmers (AN) zur Wettbewerbsenthaltung.

Unlauteres Handeln seitens des Abwerbenden liegt vor, wenn dieser fremde Geschäftsgeheimnisse – etwa in Form von schriftlichen Unterlagen – nutzt, um eigene Vorteile zu realisieren. Informationen, die der Abgeworbene im Kopf hat (zum Beispiel Kundennamen), sind nicht nachweisbar, womit deren Nutzung kein unlauteres Handeln darstellt.
Eine Möglichkeit, die Gefahr einer konkurrierenden Tätigkeit des Arbeitnehmers für den neuen Arbeitgeber in bestimmten Grenzen abzuwehren, ist ein im Arbeitsvertrag geregeltes nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach §§ 74 ff. HGB. Ein solches Wettbewerbsverbot ist allerdings auf höchstens zwei Jahre befristet. Als Gegenleistung muss der Arbeitnehmer eine Entschädigungszahlung erhalten, welche ebenfalls im Arbeitsvertrag zu regeln ist. Fehlt eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede, kann der Arbeitnehmer wie ein fremder Dritter zu seinem vorherigen Arbeitgeber in Wettbewerb treten.
Bei der Höhe der zu vereinbarenden Entschädigungszahlung darf die gesetzliche Mindesthöhe nicht unterschritten werden. Nach § 74 Abs. 2 HGB ist für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen anzusetzen (inklusive Boni oder Weihnachtsgeld sowie Sachleistungen wie zum Beispiel ein Firmenwagen zur privaten Nutzung). Die Entschädigung wird durch Einkünfte geschmälert, die der Arbeitnehmer während des Wettbewerbsverbotes erzielt.
Zur exakten Berechnung der Restentschädigung werden zunächst die vertraglich vereinbarte Entschädigung und das neue Monatseinkommen addiert. Davon werden wiederum 110 % des bisherigen Monatseinkommens abgezogen. Der sich ergebende Überschuss wird schließlich von der vertraglichen Entschädigung abgezogen. Was schlussendlich zu zahlen ist, ist die Restentschädigung.
Welche Klauseln sind rechtens?
Das Wettbewerbsverbot tritt mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kraft. Die Voraussetzungen für die Wettbewerbsklausel sind ebenfalls in §§ 74 ff. HGB geregelt. Die Regelung selbst bedarf der Schriftform mit Unterschrift beider Parteien und der Arbeitnehmer muss ein eigenes Exemplar des Vertrages (inklusive Klauseln) erhalten. Eine nachträgliche Vorgabe durch den Arbeitgeber ist unwirksam. Weiterhin muss das Verbot nach Ort und Tätigkeit begrenzt sein, da ansonsten eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit vorläge. Zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden Beschränkungsklauseln schließlich unwirksam.
Nach dem Bundesarbeitsgericht ist auch eine entschädigungslose Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig, um das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu wahren. In dieser Vereinbarung kann festgehalten werden, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Geheimhaltung verpflichtet ist – inklusive Verwertung der Geheimnisse. Umfang, Dauer und auf welchen Bereich sich die Verschwiegenheit beschränkt, sind dabei im Detail zu regeln.
Unzulässig ist eine Klausel, die so umfassend ist, dass diese einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleichkäme – etwa, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise auch über Kundenlisten schweigen soll. Weiterhin unterliegen solche Vereinbarungen einer zeitlichen Beschränkung. Eine unbefristete Klausel ist nur möglich, wenn das Geheimnis den wesentlichen Teil des Unternehmenswertes ausmacht, was bei einem Gebäudereiniger eher unwahrscheinlich ist. Entsprechende Klauseln sind zudem nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer bereits vor Arbeitsaufnahme davon erfahren hat.
Organisatorische Schutzmaßnahmen
Dass Mitarbeiter zuweilen eine andere berufliche Herausforderung suchen, ist jedenfalls nicht ungewöhnlich. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels bei einem 54-jährigen Vertriebsmitarbeiter mit 22 Jahren Betriebszugehörigkeit vermutlich weniger hoch als bei einem 26-jährigen Absolventen einer Meisterschule. Sucht der junge Mitarbeiter eine adäquate Stelle bei einem Gebäudereiniger in einer anderen Region, ist die Gefahr der Kundenabwerbung geringer einzustufen, als wenn er sein eigenes Unternehmen in der Nachbargemeinde gründet.
Wie auch immer: Organisatorisch ist im Unternehmen grundsätzlich eine Trennung von Kundenkontakt und Ergebniskenntnissen anzustreben. Moderne Kalkulationsprogramme ermöglichen detaillierte Auswertungen, die einem Fachmann die exakte Einordnung der Kunden nach Umsatz und Profitabilität ermöglichen. Diese Informationen sollten einem Wechselwilligen jedenfalls nicht auf dem sprichwörtlichen Silbertablett präsentiert werden. Deshalb gilt es mit den IT-Verantwortlichen von Fall zu Fall zu klären, wie Datenabgriffe zu verhindern sind.
Spätestens wenn ein Mitarbeiter kündigt, ist der Zeitpunkt gekommen, weitere Maßnahmen zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen. Eine Möglichkeit nach einer Kündigung ist die Freistellung des Mitarbeiters. Obwohl er nicht mehr aktiv im Betrieb tätig ist, wird er weiter entlohnt und ist damit zur Loyalität seinem Arbeitgeber gegenüber verpflichtet. Eine solche Maßnahme ist zwar besonders effektiv, wenn sie lange wirkt; es entstehen dadurch aber erhebliche Kosten und eine mögliche Mitnahme von sensiblen Informationen lässt sich damit letztlich nur hinauszögern.
Eine weitere Schutzmaßnahme neben einer Freistellung kann die Umverteilung von Aufgaben sein, verbunden mit der Beendigung des unmittelbaren Kundenkontaktes des ausscheidenden Mitarbeiters und Etablierung eines Nachfolgers.
Grundsätzlich stellt sich nach einer Kündigung immer die Frage nach der Art und Intensität der Kontakte zu den Kunden. So wird ein Mitarbeiter, der spezielle oder oft einmalige Aufträge abwickelt, nur sporadischen beziehungsweise unregelmäßigen Kundenkontakt haben. Anders sieht es bei einem Mitarbeiter aus, der etwa die regelmäßige Reinigung im Rahmen einer langfristigen Zusammenarbeit verantwortet.
Weitere wichtige Kriterien sind die jeweiligen Ergebnis- und Umsatzanteile, die ein Unternehmen mit den Kunden generiert, mit denen der ausscheidende Mitarbeiter in Kontakt steht.
Nachfolgend eine grobe Richtschnur für ein mögliches Vorgehen:
- Geringes(r) Ergebnis/Umsatz, mittelbarer Kontakt: Hier müssen unter Umständen keine Maßnahmen ergriffen werden. Insbesondere dann nicht, wenn ein teilweiser Verlust dieser Kunden womöglich verschmerzbar ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn das eigene Personal knapp ist.
- Geringes(r) Ergebnis/Umsatz, unmittelbarer Kontakt: Die Entwicklung wird verfolgt. Bei einem Umsatzrückgang erfolgt eine Analyse der Gründe. Stellt man fest, dass dafür der Wechsel des Arbeitnehmers ursächlich ist, sind die Wirkung der im Vorfeld getroffenen Schutzmaßnahmen zu überprüfen und Warnungen an den Betroffenen auszusprechen.
- Hohes(r) Ergebnis/Umsatz, mittelbarer Kontakt: Hier gilt es, die Vertragsgestaltung mit den entsprechenden zu überprüfen, gegebenenfalls Lauf- beziehungsweise Kündigungszeiten anzupassen und zum Beispiel Bonusregelungen einzurichten, die bei der Erreichung zukünftiger Umsätze zusätzliche Preisreduktionen in Aussicht stellen.
- Hohes(r) Ergebnis/Umsatz, unmittelbarer Kontakt: Bei diesen Schlüsselkunden ist eine unmittelbare Reaktion nach erfolgter Kündigung notwendig. Der Arbeitnehmer bekommt keine Kontaktmöglichkeit mehr zum Kunden, ein neuer Ansprechpartner wird benannt. Letzterer nimmt persönlichen Kontakt zu den Kunden auf und führt Gespräche über die bisherige Zusammenarbeit und mögliche Verbesserungen.
Erwähnt der Kunde ein Angebot eines neuen Anbieters, ist zu hinterfragen, ob der alte Arbeitnehmer dahintersteckt. Wurden die dargestellten Schutzmaßnahmen ergriffen beziehungsweise die notwendigen Grundlagen zur Durchsetzung der eigenen Position bereits bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betroffenen gelegt, kann wiederum ein deutlicher Warnschuss an den Akteur hilfreich sein. Bleibt dieser ohne Wirkung, sollten rechtliche Schritte angedroht werden.
Thomas Schneider | guenter.herkommer@holzmann-medien.de