Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat in vielen Objekten zu geänderten Reinigungs- und Hygieneanforderungen geführt. Richtig aufbereitete Reinigungstücher und Wischbezüge sind daher wichtiger denn je.
Mit dem neuartigen Corona-Virus sind die behördlichen Richtlinien für die Oberflächenreinigung in vielen Objekten gestiegen. Aber auch Gewerbeunternehmen wie Einzelhändler haben ihre Anforderungen höhergeschraubt und passen ihre Reinigungsverträge um zusätzliche desinfizierende Leistungen an. Um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden, müssen sowohl Reinigungstücher als auch Wischbezüge daher hohe Hygieneanforderungen erfüllen. Bei Verwendung von Mehrwegtextilien ist eine fachgerechte Aufbereitung daher wesentlich.
Richtig waschen – aber wie?
Allerdings stellt sich die Frage, wie die in der Reinigung eingesetzten Textilien in Corona-Zeiten richtig gewaschen werden. Um es vorwegzunehmen: Eine klare, eindeutige Vorgabe gibt es derzeit nicht.
So teilt etwa das in Berlin ansässige Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf seiner Homepage mit, dass nach aktuellem Stand keine Informationen zur „Überlebensdauer“ des SARS-CoV-2 Virus auf Textilien oder in der Waschmaschine vorliegen. Da aber das Erbgut der Coronaviren von einer Fettschicht umhüllt ist, würden sie generell empfindlich auf Tenside, die in Waschmitteln als Fettlöser enthalten sind, reagieren. Für Textilien, die mit infektiösen Körperflüssigkeiten in Kontakt gekommen sind, empfiehlt die Behörde daher eine Wäsche bei einer Temperatur von mindestens 60 Grad Celsius unter Zusatz eines Vollwaschmittels und eine gründliche Trocknung. Diesen Rat erteilt auch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) in Berlin. Auf Anfrage teilt sie mit, dass bei Reinigungstextilien eine Waschtemperatur von mindestens 60 Grad Celsius empfohlen wird, um gegebenenfalls in den Textilien befindliche Erreger abzutöten. Für Wäschereispezialisten sind diese Hinweise jedoch deutlich zu lax. So gibt die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege (Bönnigheim) für den Umgang mit kontaminierten Textilien folgenden Hinweis: Kontaminierte Ware muss einer mit dem Gütezeichen 992/2 für Krankenhauswäsche (GZ 992/2) ausgezeichneten Wäscherei übergeben und mit einem desinfizierenden Waschverfahren mit Wirkbereich B (viruzid) gewaschen werden .
Informationslage teilweise widersprüchlich
Die unübersichtliche und teilweise widersprüchliche Informationslage findet Martin Lutz, Geschäftsführer des Forschungs- und Prüfinstituts für Facility Management (FIGR) in Metzingen, verstörend. „ Im professionellen Bereich empfehlen wir für die Aufbereitung von Reinigungstextilien grundsätzlich eine desinfizierende Wäsche. Häufig genug werden Tücher und Wischbezüge aus sämtlichen Bereichen eines Objekts in dieselbe Waschladung gegeben. In der Trommel landen alle Textilien von der Toiletten- bis zur Kantinenreinigung. Um eine Keimübertragung durch die Wäsche zuverlässig zu verhindern, sollte stets mit einem thermischen oder chemothermischen gelisteten Hygienewaschverfahren gearbeitet werden. Dazu raten wir auch für die Aufbereitung von Reinigungstextilien, die mit Corona-Viren kontaminiert sein können. Auch wenn bisher keine fundierten Informationen über die Deaktivierung von SARS-CoV-2-Viren in der Wäscherei vorliegen, bleibt derzeit nur die Möglichkeit, sich auf den Stand der Technik zu verlassen.“ Für eine desinfizierende Wäsche kommen zwei Möglichkeiten in Frage: thermische oder chemothermische Verfahren. Bei ersteren sorgt eine hohe Temperatur für die notwenige Hygiene, im zweiten Fall wirkt eine Kombination aus Temperatur und keimabtötenden chemischen Substanzen. Zur chemothermischen Inaktivierung von Viren sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit mit den Wirkungsbereichen „begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren), „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ anzuwenden. Geprüfte und anerkannte Desinfektionsmittel und -verfahren sind vom Robert-Koch-Institut (RKI-Liste) wie auch dem Verbund für Angewandte Hygiene (VAH-Liste) veröffentlicht. Bei behördlich angeordneten Desinfektionsmaßnahmen ist die RKI-Liste heranzuziehen. Die geeigneten Waschprozesse können bei den Herstellern der Waschmittel angefragt werden.
Haushaltswaschmaschinen schaffen keine Desinfektion
In den gelisteten und zertifizierten Verfahren sind neben der Wirkstoffdosierung auch die Behandlungszeiten und -temperaturen sowie die Flottenniveaus festgelegt. Diese sind zwingend einzuhalten, was bei gewerblichen Waschmaschinen kein Problem ist. Hingegen sind Haushaltswaschmaschinen und semiprofessionelle Geräte, die von Gebäudereinigern häufig in Objekten aufgestellt werden, nicht dazu in der Lage. „Die für den privaten Gebrauch entwickelten Waschmaschinen heizen nur einmal auf die voreingestellte Waschtemperatur hoch, halten sie aber nicht. Oder sie erreichen den voreingestellten Wert überhaupt nicht, weil beispielsweise die Heizstäbe verkalkt sind. Wenn also unser chemothermisches „Trebon Plus“-Verfahren eine zwanzigminütige Behandlung bei 60 Grad Celsius vorschreibt, sind diese Parameter in der Haushaltswäsche nicht umsetzbar. Ein desinfizierender Effekt tritt nicht ein. Gleiches gilt für eine thermische Desinfektion, bei der die Textilien 15 Minuten bei 85 Grad Celsius oder 10 Minuten bei 90 Grad Celsius behandelt werden müssen. Da die Temperaturhaltezeiten in einer Haushaltsmaschine fehlen, stellt sich der Hygieneeffekt nicht ein“, erklärt Gabriele Vongries, Leiterin der internen Anwendungstechnik und staatlich geprüfte Desinfektorin bei Kreussler Textile Care (Wiesbaden).
Was sind die Alternativen?
Betriebe, die ihre Reinigungstextilien in Haushaltswaschmaschinen bearbeiten und die den Hygieneanforderungen ihrer Kunden nachkommen wollen, müssen umdenken. Sie können die Textilien beispielsweise von professionellen Wäschereien bearbeiten lassen, die mit zertifizierten Desinfektionsprozessen arbeiten. Eine zweite Möglichkeit besteht im Austausch der Haushaltwaschmaschinen gegen Profi-Maschinen, sofern es die räumlichen Gegebenheiten und die technischen Anschlüsse im Objekt zulassen. Allerdings ist es mit dem reinen Tausch der Anlage nicht getan, wenn die eingesetzten Textilien nicht auf eine industrielle Bearbeitung abgestimmt sind. Eindeutige Hinweise über die zugelassenen Wasch-, Bleich- und Trockentemperaturen von Wischbezügen und Tüchern bietet deren Pflegekennzeichnungsetiketten.
Einstellung mit Herstellerhilfe
Gebäudereiniger, die bereits gewerbliche Waschmaschinen im Einsatz haben, sind besser dran. Aber auch sie sollten ihr e Verfahren überprüfen und sich versichern, dass sie wirksame Waschchemie verwenden, empfiehlt Stahl Wäschereimaschinen aus Sindelfingen. „Wenn sich ein Betrieb unsicher ist, ob er das korrekte Waschprogramm nutzt, ob er an der Einstellung der Programme etwas ändern muss oder auf ein anderes Waschmittel zurückgreifen sollte, sind unsere Mitarbeiter gerne da, beraten kompetent und liefern auch kurzfristig desinfizierendes Flüssigwaschmittel nach den Vorgaben des RKI. Außerdem geben wir bei Bedarf auch wichtige Hinweise und Tipps zur von der Bundesregierung empfohlenen Dekontamination von Mundschutzmasken und stellen alle wichtigen Informationen dazu zur Verfügung.“
Einen entsprechenden Service bieten auch die Waschmittelhersteller an. So hat Ecolab (Monheim) zur Unterstützung seiner Kunden Empfehlungsschreiben erstellt, in denen die geeigneten Waschprozesse und Desinfektionswaschmittel aufgelistet sind. Die Einstellung der korrekten Waschprozesse wird von den Ecolab OPL-Servicetechnikern vorgenommen. Darüber hinaus stellt das Unternehmen Übersichten zur Verfügung, in der Desinfektionsprodukte zur Handhygiene und Flächendesinfektion gegen das Coronavirus aufgelistet sind.
Trocknung und Lagerung beachten
Eine Anpassung der Waschprogramme auf RKI-gelistete Verfahren reicht nach den Erfahrungen von Treysse Wäscherei- & Reinigungstechnik (Nessetal) alleine nicht aus: „Nach dem Waschgang sollten die Reinigungstextilien so aufbewahrt werden, dass es zu keiner Vermehrung von Mikroorganismen kommen kann. Dies kann durch die Trocknung der Reinigungstextilien erfolgen. Eine feuchte Lagerung ist nur dann zulässig, wenn etwa im letzten Spülgang des Waschprozesses mit einem konservierenden beziehungsweise desinfizierenden Präparat getränkt wurde. Hierzu gibt es in den aktuellen Zeiten keine neuen Vorgaben“, berichtet der Vertriebsleiter Vermietung des Unternehmens, Florian Tamm.
Welche Sicherheitsvorschriften gelten?
Aber auch der Umgang mit den gebrauchten Reinigungstextilien durch die Beschäftigten muss neu definiert werden. Miele (Gütersloh) hat auf seiner Homepage wichtige Hygiene-Tipps im Umgang mit Reinigungstextilien und Hygienemaßnahmen für das Personal zusammengestellt: Benutzte Tücher und Wischbezüge sollten nicht ausgeschüttelt werden. Sie sollen strikt von sauberen Textilien getrennt und in geeigneten, flüssigkeitsdichten Behältnissen gesammelt werden. Falls keine räumliche Trennung in unreine (schmutzige) und saubere (gewaschene) Seite möglich ist, muss diese organisatorisch geschaffen werden. In diesem Fall müssen für die Aufnahme der gewaschenen Reinigungstextilien saubere, desinfizierte Aufnahmebehälter bereitstehen. Vor der Entladung der sauberen Wäsche müssen außerdem alle Teile der Maschine desinfiziert werden, die mit Mikroorganismen in Berührung gekommen sein können: Tür, Türdichtung, Gerätefront, Bedienfeld. Nicht zu vergessen ist auch die Persönliche Schutzausrüstung für das Personal, das die Maschinen bedient. Die Informationsschrift DGUV 230-084 (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) schreibt bei der Bearbeitung von Wäsche aus Bereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung Persönliche Schutzausrüstung vor. Wer mit der Wäsche umgeht, sollte beispielsweise wasserabweisende Kittel oder flüssigkeitsdichte Schürzen, Schutzhandschuhe und eine Kopfbedeckung tragen. Für die Bereitstellung hat der Arbeitgeber zu sorgen.
peter.hartmann@holzmann-medien.de