Wissen im Unternehmen erhalten, bewahren und vermehren Eine Investition in die Zukunft

Wie bewahren und vermehren Unternehmen im Gebäudereiniger-Handwerk ihr Wissen? Und warum ist das eigentlich so wichtig? rationell reinigen hat nachgefragt. Drei Antworten aus der Branche.Anton Werner, Geschäftsführer, Werner Companies, ErgoldingIch kann mich noch gut an die Gründungsjahre der Firma Werner Companies erinnern. Aufgrund der flachen Hierarchien und des engen persönlichen Kontaktes zwischen den Mitarbeitern war der Wissensaustausch leichter und auch ohne technische Hilfsmittel möglich. In mittelständischen Betrieben, insbesondere im Handwerk, hat die Weitergabe von Wissen und Erfahrung seit jeher Tradition. Damit sind bereits gute Voraussetzungen für einen effizienten Umgang mit Wissen gegeben. Ich denke, dass speziell das Gebäudereiniger-Handwerk mit den vielseitigen Möglichkeiten, insbesondere auch durch den komplexen infrastrukturellen Dienstleistungsbereich, extrem wissensintensiv ist. Bestehende Qualitätsmanagementsysteme wie die DIN EN ISO 9001:2015 erleichtern die Einführung des Wissensmanagements, zumal die Norm erstmalig auch Wissensmanagement fordert. Für uns bedeutet das vor allem, Kommunikation zu fördern. Eine offene Unternehmenskultur dient als wichtigster Faktor für die Weitergabe des Wissens. Bei unseren regelmäßigen Objektleitersitzungen, die in vielfältiger Weise als Wissensquelle dienen, werden Lösungen erarbeitet, die nur im direkten Kontakt mit Menschen möglich sind. Die Personalentwicklung ist unsere Strategie zur Wissenserweiterung. Unserem Unternehmen ist bewusst, dass Wissen sehr stark personengebunden ist. Daher setzen wir vor allem auf das Know-how unserer Mitarbeiter in Form der handwerklichen Ausbildung zum Gesellen und Meister, die von uns vollumfänglich gefördert wird. Wir stellen außerdem vermehrt fest, dass wir mit wissenschaftlichen Kooperationspartnern zusammenarbeiten müssen, da wir nicht über ausreichend Ressourcen für Forschung und Entwicklung verfügen. Früher war die Zusammenarbeit eher zufällig. Aktuell ist sie zielgerichtet, systematisch und noch stark erweiterungsfähig. Thomas Conrady, Geschäftsführer, Cowa Service Gebäudedienste, GottmadingenAls ich Ende 2013 den Link zum Demografie-Rechner der Industrie- und Handelskammern öffnete, die Daten der Cowa-Gruppe eingab und das Ergebnis sah, traute ich meinen Augen nicht. Ich wusste sofort: Wir haben ein Problem. In den nächsten 10 bis 15 Jahren werden im Unternehmen so viele Wissensträger ausscheiden, dass jahrzehntelange Erfahrung in fachlichen Fragestellungen, im Umgang mit Kundenwünschen und beim Zusammenspiel interner Abteilungen verloren gehen wird (hier der Link zum Testen: www.demografierechner.de). Deutlich wurde: Wenn wir nicht handeln, wird sich bis 2025 ein Großteil unseres Know-hows in die Rente verabschiedet haben – unvorstellbar in einem hart umkämpften Markt, der Kosteneffizienz und Kundennähe auf das Extremste fordert. Die nähere Betrachtung zeigte zum einen, dass unsere Alterspyramide nicht ausgewogen war, und zum anderen, dass das Wissen in den Abteilungen nicht gleichmäßig verteilt war – höchste Zeit, um zu handeln. Um unsere firmeninterne Demografie ging es ebenso wie um die Frage: Wie strukturieren und optimieren wir das Wissen? Konkret: Wie konservieren wir unsere DNA? In einem Unternehmen, das regional breit aufgestellt ist, das unterschiedliche Kompetenzschwerpunkte hat und stark auf dezentrale Selbständigkeit baut, galt es, einen Analyseprozess in Gang zu bringen, bei dem Themen wie die Sammlung von Daten und Informationen, deren Verarbeitung und Auswertung sowie organisatorische Strukturen kritisch hinterfragt wurden. Herausgekommen sind verschiedene Lösungsansätze. Eine moderne CRM-Software, die Geschäftsprozesse abbildet und nicht nur auf buchhalterische Bedürfnisse ausgerichtet ist, der Einsatz von Balanced Scorecards auf verschiedensten Unternehmensebenen oder der Aufbau einer internen Wissensdatenbank gehören ebenso dazu wie das Nutzen von externen Wissensplattformen (zum Beispiel das Fachforum des Qualitätsverbunds Gebäudedienste). Weitere Ansätze bei uns sind die Förderung des Nachwuchses im Rahmen eines Talent-Schuppens (Trainee-Ausbildung), die Einführung und Bildung von Projektteams, bei denen jeder sein Spezialwissen einbringt, oder die Umsetzung einer langfristigen Personal- und Karriereplanung, die Perspektiven aufzeigt. Meine Erkenntnis: In einem Wirtschaftszweig, der so stark wie kaum eine andere Branche von Menschen und deren Motivation abhängig ist wie das Gebäudereiniger-Handwerk, ist Wissensmanagement vor allem aktives Personalmanagement. Und damit Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern auf allen Stufen. Felix Schmidt, Geschäftsführer, Herrmann & Schmidt, MünchenFür einen Familienbetrieb in der vierten Generation mit vielen, langjährig beschäftigten Mitarbeitern aller Generationen sind Erhalt und die Weitergabe an Erfahrung und Know- how besonders wichtig. Wissen zu bewerten, weiterzugeben und zu steuern ist die Basis für nachhaltiges Wirtschaften. Immer vorausgesetzt, man kann das Wissen auch „anvertrauen“ und schafft Möglichkeiten, es zu dokumentieren und zu erhalten. Seit Generationen wird Wissen in traditionellen, dialogischen Prozessen vermittelt. Durch moderne Archivierung und Digitalisierung wird Wissen breit abrufbar. Zur Bewahrung und Verbreitung von Wissen und für die methodische Einflussnahme auf die Wissensbasis eines Unternehmens gibt es heute zahlreiche Möglichkeiten. Digitale Informationssysteme und kommunikative Vernetzung und die Transparenz des Wissens (soziale Medien) verlangen organisierte, geregelte Abläufe. Mit strukturiertem Wissensmanagement ermöglicht man einen kreativen Austausch. Man kann Inseln des Wissens bilden, zum Beispiel im Intranet, mit einer offenen Datenbank und digitalen Archiven, in denen relevante Artikel mit Fachwissen eingestellt und abgerufen werden können. Auch die Cafeteria, die Bibliotheken und die Raucherecke können durch technische Optimierung Know-how erhalten und transferieren. Management und Reglements bewirken aber auch immer ein gewisses Maß an Zensur, Richtigstellung und Verwaltung der Kreativität, was das Wissen und die Verbreitung einschränkt. Der Wissensträger muss sich also Regeln unterwerfen: sowohl rechtlich sozial als auch organisatorisch. Definition und Abgrenzung der Begriffe Wissen, Geheimnis, Daten und Informationen, Meinung und Halbwissen müssen gemeinsam erarbeitet und festgelegt werden. Dann schafft Wissen Motivation und Mitarbeiterbindung, und Geschäftswissen und Betriebsgeheimnisse werden nicht nur im Kopf eines einzelnen Mitarbeiters oder Firmengründers bewahrt, sondern werden „gut gehütetes“ Geheimrezept. Alles und jeder erzeugt immer und überall Daten. Diese zu erfassen und zu dokumentieren, ist die Herausforderung für die Industrie 4.0. Neben Qualitätschecks und Dokumentationen der Abläufe haben wir ein digitales, mobil verwendbares Info-Tool entwickelt, das Informationen, Reklamationen und objektspezifische Eigenheiten zentral erfasst, weiterleitet, normgerecht dokumentiert und daraus einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess ableitet. rationell reinigen | heike.holland@holzmann-medien.de